Rose Tattoo – Rose Tattoo [Rock’n’Roll Outlaw] (Albert Productions, 1978)

I’m not a nice boy and never was!

Rose Tattoo – die dreckigste aller australischen Rockbands! So etwas wie die Straßenköterversion von AC/DC. Ich weiß noch ganz genau, als ich sie das erste Mal so richtig bewusst wahrgenommen hab. Es war das Jahr 2001 und die reformierte Band spielte auf dem Bang Your Head!!! Festival. Klar, vorher kannte man den einen oder anderen Song oder sah Bilder des Sängers Angry Anderson in jungen Jahren, als er sich mit dem Mikro das Hirn blutig schlug. Müssen ja ein paar wilde Rock’n’Roller sein…

Und das waren sie dann auch. Derber Rock, vorgetragen mit unbändiger Energie, die so manche Punkband wie kleine Schuljungen aussehen lässt und dazu eine angenehm gefährliche, authentische Ausstrahlung. Während des einstündigen Konzerts wurde kurzerhand seitens der Musiker eine Pulle Jack Daniels geleert und Frontmann Angry kotzte genüsslich auf die Bühne. Na, wenn das mal nichts ist… Wenn man bedenkt, dass die Hochzeit der Truppe auch schon zwei Jahrzehnte zurücklag, muss man nur sagen: R-E-S-P-E-K-T!

Die Band umwehte stets das Image von schwer tätowierten Raubeinen. Wenn man die Geschichte der Truppe etwas verfolgte, scheint das auch zu stimmen. Allein wegen dem Optischen fiel man Anfang der 80er auf. Schwarte T-Shirts und abgeranzte Jeans, dazu massiv von Tattoos übersäht. Das war damals noch kein hipper Chic, sondern die Gesellschaft verband das immer noch mit Matrosen und/oder Knastis. Alleine mit dem Auftreten prägte die Band spätere Recken wie Guns N‘ Roses, die ihrer selbst Rose Tattoo mit einem Cover des Songs „Nice Boys“ Tribut zollten.

Und jener Titel ist auf dem selbstbetitelten Debütalbum, welches 1978 in Australien und erst drei Jahre später unter dem Namen „Rock’n’Roll Outlaw“ in Europa erschien. Diese Platte ist Gegenstand der dieswöchigen Classics. Es hätte auch einer der beiden Nachfolger „Assault & Battery“ oder „Scarred For Life“ sein können. Denn die sind vergleichbar stark. 1983 zerbrach die Band dann und war noch ein Schatten ihrer selbst. Aber das ist eine andere Geschichte. Widmen wir uns erstmal diesem Rundling.

Musikalisch wird hier ganz schön gezündelt. „Rose Tattoo“ (das Album) ist ein explosives Gemenge aus altmodischem Rock’n’Roll, Pubrock, Bluesversatzstücken sowie der Energie des Punk und der Ruppigkeit des späteren Metal. Knackige Riffs, pumpende Rhythmen und die verdammt coole und scharfe Slide-Gitarren von Bandgründer Peter Wells bestimmen das Bild. Darüber erzählt der kleine, kahlköpfige Gary „Angry“ Anderson seine Geschichten von Straßenkämpfen, leichten Damen und dem Leben als Rockmusiker. Und mit welcher Leidenschaft er das tut. Und Charisma. Und überhaupt, man nimmt ihm jedes Wort ab, das er singt. Beim bluesigen „The Butcher And Fast Eddy“ fühlt man sich mittendrin im Bandenkampf.

Los geht es mit „Rock’n’Roll Outlaw“ noch recht gemütlich, aber mit einem hammerharten, wie zementiertem Rhythmus. Mit dem Uptempo-Brecher „Nice Boys“ brechen dann aber alle Dämme. Der Inbegriff eines schmutzigen Rocksongs. Mit „Remedy“ und „Astra Wally“ folgen weiter derart ausgelassene Songs – wenn auch nicht mehr ganz so knackig. Mit „One Of The Boys“ und „Bad Boy For Love“ kommen zwei von hackenden Gitarrenriffs angetriebene Boogie-Fußwipper zum Zug. Ein Sound, den Rose Tattoo im Verlauf ihrer Karriere noch weiter kultivieren sollten. Dafür tanzt das schlüpfrige „Stuck On You“ mit seinem gemütlich akustischen Charme musikalisch etwas aus der Reihe.

Eingespielt wurden die zehn Songs überwiegend live unter der Ägide des erfahrenen Teams Harry Vanda und George Young (aus dem AC/DC-Umfeld). Ihre Aufgabe war die Live-Power auf Band zu bannen. Das ist ihnen gelungen. Ergebnis war ein zeitloses Album das man als Fan von Gitarrenmusik jeglicher Couleur einfach kennen sollte… nein, muss. Ganz egal, ob man sich als Hardrocker, Punk oder Metaller sieht.

 

Trackliste:
1. Rock ’n’ Roll Outlaw
2. Nice Boys
3. The Butcher and Fast Eddy
4. One of the Boys
5. Remedy
6. Bad Boy for Love
7. T.V.
8. Stuck on You
9. Tramp
10. Astra Wally