Ihsahn – Ihsahn (Candlelight Records, 16.02.2024)

Wenn es das Ziel war das anspruchsvollste und aufwändigste Album seiner Karriere zu erschaffen, dann ist es Vegard Sverre Tveitan, alias Ihsahn, zweifelsohne gelungen. Wohl mit ein Grund, dass es alleine seinen Künstlernamen trägt. Dabei hat man es nicht mit einem einzelnen Album zu tun, sondern quasi mit zweien. Der Norweger betont dabei aber, dass es sich nicht um ein Doppelalbum handelt, sondern um zwei eigenständige Veröffentlichungen. Quasi zwei Seiten derselben Medaille.

Und warum jetzt genau? Weil es „Ihsahn“ in zwei Versionen gibt. Eine Metalversion und eine Orchesterversion. Beide enthalten dieselben Stücke – aber eben in verschieden gewichteten Versionen.

Dabei klingt die Metalversion an sich schon bombastisch genug. Sie vermengt den progressiven Extremmetal-Sound von Ihsahn mit orchestraler Musik, die ihre Wurzeln bei Komponisten wie Jerry Goldsmith, John Williams oder John Carpenter nicht verleugnen kann. Das fällt einem aber erst so richtig auf, wenn man genauer hinhört. Denn über dem Streicherteppich liegt der vom Black Metal kommende Ihsahn-Klang, welcher sich über die Jahre immer mehr in eigene Sphären entwickelt hat.

Dabei ist das Songwriting ziemlich anspruchsvoll angelegt. Hier springt einem nichts direkt ins Gesicht. Also eine ziemliche Abkehr von leichtgängigen Alben wie den „Arktis“ und „Ámr“. Die Veröffentlichung will nicht auf Anhieb geliebt, sondern entdeckt werden. Großes Drama wechselt sich mit blastender Garstigkeit ab. Progressive Strukturen werden von hell erhabenden Melodien durchbrochen. Und mal darüber, mal darunter legen sich als Textur die symphonischen Elemente. Orchester und Gitarren halten sich immer wieder die Waage. Mal übernimmt das eine die Führung, mal das andere. Man muss sich wirklich darin fallen lassen, um sich darin zu Recht zu finden. Das macht eine Benotung gar nicht so einfach und die Zahl, die hier darunter steht, ist nur als vorläufiges Fazit zu sehen.

Für die Orchester-Version hat man sämtliches Rockinstrumentarium entfernt – Gesang, Schlagzeug, Gitarren. Zurück bleiben bleibt nur die symphonische Musik. Dass diese bei der anderen Musik nicht nur Beiwerk war, erkennt man daran, dass das Album auch gut in dieser Version funktioniert. Und obwohl das Orchestrale auch in der Metalversion präsent war und hier nur klanglich entschlackt wurde, wird doch eine etwas andere, nicht ganz so niederschmetternde Stimmung erzeugt.

Ob es jetzt wirklich eine rein künstlerische Intention war, das Ganze als zwei eigene Veröffentlichungen zum Vollpreis herauszubringen, um beiden Versionen denselben Stellenwert zu geben oder doch irgendwo nur kommerzielles Kalkül, muss jeder für sich selbst entscheiden. Etwas größenwahnsinnig ist es schon. Aber das passt auch wieder zu Ihsahn, der hiermit etwas größer hinaus möchte.

 

Trackliste:
1. Cervus Venator
2. The Promethean Spark
3. Pilgrimage To Oblivion
4. Twice Born
5. A Taste Of The Ambrosia
6. Anima Extraneae
7. Blood Trails To Love
8. Hubris And Blue Devils
9. The Distance Between Us
10. At The Heart Of All Things Broken
11. Sonata Profana

 

Photo-Credit: Andy Ford

 

3.8