Wang Wen – 100,000 Whys (Pelagic Records, 24.09.2021)

Isolation und Zusammengehörigkeit waren schon seit je her Themenfelder, mit denen sich die nordchinesische Band Wang Wen über viele Jahre hinweg beschäftigt hat. Die kollektive Verwirrung seit dem Ausbruch der der Covid-19-Pandemie spiegelt sich im neuen Album der Gruppe nicht zuletzt im Albumtitel wider, welcher Rudyard Kiplings Gedicht „I Keep Six Honest Serving Men“ entlehnt wurde. Und eigentlich wollte man die neue Musik in Russland aufnehmen, doch die äußeren Umstände zwangen die Musiker dazu, es im heimischen Proberaum zu tun.

Dabei schaffen es Wang Wen trotz all der Intimität ein Gefühl der Größe und Weite zu vermitteln. Zärtliche, den Hörer umspielende Klänge treffen dabei auf großes Kino – und das ohne Klangklischees und oft so ausgelutschte Laut-Leise-Spielchen, wie man sich zu Hauf im Postrock-Genre vorfindet.

Wang Wen lassen zwar immer wieder mal das Flair von Genregranden der Marke Mono oder Godspeed You! Black Emperor durchscheinen. Doch das ist nur ein Gefühl und kann nie so richtig an konkreten Ausschnitten fest gemacht werden. Die Chinesen spielen ihr ganz eigenes Spiel mit instrumentaler (Rock-)Musik, tauchen tief in Progsounds ein, schrecken auch nicht von kleinen jazzigen Ausflügen zurück. Dabei umweht die Stücke auf „100,00 Whys“ ein dezentes Oldschool-Feeling, sie weisen immer wieder mal ein untypisches Retro-Flair auf, lassen an Film-Soundtracks der 60er und 70er denken. Das bringt durchaus etwas Schwung und einen neuen Geschmack in das Genre.

Das Sextett spielt auf effektvolle Weise mit Sounds und Dynamiken und weiß, wie es den Hörer mit seinen meist überlangen Stücken bei der Stange halten kann. E-Gitarre, Klavier, Synthesizer und E-Piano, Perkussionen und Schlagzeug, Trompete und diverse Blasinstrumente (u.a. Trompete) werden genutzt und modelliert, bis die gewünschte Stimmung erreicht wird. Dabei umweht trotz der an den Tag gelegten Melancholie eine gewisse Leichtigkeit die Musik von Wang Wen. Es muss nicht immer laut und angetrieben sein, sondern auch mal friedvoll und in sich ruhend, wie bei „Lonely Bird“. „Forgotten River“ klingt gar wie ein perfekter Soundtrack zum Sonnenaufgang, während ein Stück wie „Wu Wu Road“ fast schon rockig wirkt.

„100,000 Whys“ ist ein gar wunderbares Album, welches Freunden instrumentaler Musik nur wärmstens ans Herz gelegt werden kann!

 


Trackliste:
1. Forgotten
2. The Ghost
3.Wu Wu Road
4. If Tomorrow Comes
5. A Beach Bum
6. Lonely Bird
7. Shut Up And Play
8. Forgotten River

 

4.5