Samu Haber – forever yours [Buchrezension] (Riva Verlag, 14.10.2020)

Tja, wie fange ich denn am besten diese Rezension an?

Moment, ja so könnte es gehen… vielleicht erzähle ich erst einmal kurz wie es dazu gekommen ist, dass „Forever Yours“ von Samu Haber überhaupt bei mir gelandet ist – ja genau, kann man glaube ich so machen.

Also folgendermaßen, meine Frau ist bekennende Samu Sympathisantin – also sie findet ihn halt optisch schon ganz gut, um das mal zum richtigen Verständnis klar zu stellen. Okay, schaut man sich den The-Voice Coach Rae Garvey an, dann findet sie den wohl noch ein kleines bisschen… ach lassen wir das einfach!

Na auf jeden Fall hat sie mich auf das Buch aufmerksam gemacht und behauptet, dass ich doch hier bestimmt auch gern eine Buchrezension zu schreiben wollen würde. Ich kann mich zwar nicht erinnern, dass mich erstens die Band Sunrise Avenue jemals in irgendeiner Art und Weise interessiert hat und ich zweitens bisher dem nordischen Charme des 1,90m großen Finnen auch nicht verfallen war, aber was soll es – da ich eh gerade in Leselaune bin, kann man sich das gute Stück ja doch mal nebenbei gönnen, oder?!

Naja, kurze Rede ohne Sinn, ein paar Tage später lag das bereits im Oktober erschienene und über den Riva-Verlag veröffentlichte Machwerk in meinem Briefkasten. Dass das gute Stück den Platz 1 der Spiegel Bestseller-Liste erreicht hatte, war mir zwar entgangen, wundert mich aber aufgrund der bereits seit Jahren bestehenden The-Voice-of-Germany Juroren-Tätigkeit, die ihn auf der nach oben offenen “Schwiegermutters-Darling Beliebtheitsskala” ganz nach oben katapultiert hat, mal so überhaupt nicht.

Also dann mal ran an das Objekt der Begierde – dazu die Spotify-Playlist der meist gehörten Songs von Sunrise Avenue an und ab geht die Lutzi!

Halt Stop… das schaffe ich nicht, so kann das nicht funktionieren! Spotify schließen und ohne „Hollywood Hills“ und „Fairytale Gone Bad“ weiter machen – bei aller Liebe, aber hier bin ich raus… das ist nicht meine Mucke, aber ganz bestimmt nicht!

Was hatte mich dann denn geritten, was habe ich mir hier denn bitte schön angetan? Na egal, muss man wohl jetzt durch!

Also dann, ab auf die Coach und ran an die ersten der knapp 400 Seiten, die in recht kleiner Schriftgröße verfasst sind, sodass ich in meinem gesetzteren Alter zwischendurch durchaus überlegt habe, ob nicht mal wieder eine neue Brille angesagt ist – aber weiter im Text!

Denn auf einmal fand ich mich doch tatsächlich im ersten Part des in drei Teilen aufgegliederten Buch in einem quasi Kriminalroman wieder. Hier ging es auf einmal um Themen wie bandenmäßigen Betrug, Geldwäsche, Gewalt, Drogen und was nicht sonst noch alles – und mittendrin der junge Samu Haber, der eigentlich nur zufällig dort gelandet war und dessen Ausflug nach Spanien ihn beinahe hinter „schwedische“ bzw. in diesem Zusammenhang eher „finnische Gardinen“ gebracht hätte. Solch kriminelle Energie habe ich dem heutigen Sonnyboy gar nicht zugetraut!

Parallel dazu hatte der aus einem Helsinkier Vorort stammende Samu schon seitdem er denken kann den Plan, mit seiner Musik irgendwann einmal groß heraus zu kommen, was ihm ja dann viel später (so richtig durchgestartet ist er dann nämlich erst mit Anfang dreißig) doch noch gelungen ist.

Wie sich das Ganze entwickelt hat, welche Höhen und Tiefen er dabei überwinden musste und das „Klinken putzen“ bei den Verlagen und Plattenbossen irgendwann mal fruchtet (wenn man ihnen nur lange genug auf den Sack geht), davon erzählt er im zweiten Teil von „Forever Yours“.

Und spätestens hier beginnen meine anfangs aufgebauten Sympathien (nicht unbedingt wegen der Sachen, die er illegalerweise gemacht hat – aber wegen der Tatsache, dass er in der Autobiographie so offen mit dieser finsteren Seite seines jungen Erwachsenenlebens umgeht) ein wenig ins Wanken zu geraten. Ja klar, vielleicht muss man wenn man den Pop-Olymp erklimmen möchte gelegentlich über Leichen gehen, aber so wie Samu mit seinen Mitmusikern umgeht ist nicht wirklich die feine englische Art. So nach dem Motto „bringt er mich nicht weiter, muss er halt gehen!“ mäht er stellweise wie ein Mähdrescher durch seine Band und macht über das ganze Buch hinweg klar, dass er der Herrscher von Sunrise Avenue ist und die anderen Bandmitglieder eher als nützliche, aber austauschbare Unterstützung, ihm und seiner von langer Hand geplanten Karriere dienen.

Irgendwie hinterlässt mich der zweite Part schon ein wenig irritiert, da ich ihn einerseits für ein ziemliches A****loch halte, aber auf der anderen Seite auch anerkenne, was der kleine schüchterne Junge mit viel harter und schweißtreibender Arbeit geschafft hat – ich selbst war ja nachweislich immer zu faul, mehr als das nötigste in meine musikalische Laufbahn zu investieren… also quasi eher Kreisliga als Champions League.

Im dritten und letzten Teil der Autobiographie kümmert er sich um seine Fernseh-Karriere, wo er 2013 zum ersten Mal als Coach von The-Voice-of-Germany in Erscheinung trat und was ihm persönlich, sowie seiner Band noch einmal einen unglaublichen Aufwind gegeben hat.

Aufgrund der Tatsache dass sein Vater aus Deutschland kommt, hatten die Macher der Casting-Show wohl fälschlicherweise angenommen, das der Finne über gute Deutschkenntnisse verfügen müsse – Samu schildert aber auf humorvolle Weise eindringlich, dass er in der ersten Staffel nicht nur sich, sondern auch das Format beinahe in den Abgrund gezogen hätte, da er quasi nicht nur nichts verstanden hat, sondern auch ebenso viel auf Deutsch zum Gelingen der Sendung beitragen konnte. Das hielt ihn aber nicht davon ab, sich regelmäßig (bisher bereits fünf Mal) auf den roten Drehsessel zu fläzen und selbigen gelegentlich aus den Angeln zu heben.

Nachdem ich das Buch nun fertig gelesen habe, hinterlässt „Forever Yours“ die eine oder andere Frage bei mir. Zum Beispiel, warum Samu Haber bei The-Voice so positiv und liebenswürdig rüber kommt, aber scheinbar in Wirklichkeit eher ein harter Hund ist und dessen selbst beschriebenes Verhalten in Bandbelangen ihn doch am Ende des Tages als unsympathischen Typen da stehen lässt.

Ich denke Samu ist es auf jeden Fall gelungen, ehrlich mit sich selbst und seiner Karriere abzurechnen – es wird nichts beschönigt und er stellt sich scheinbar bewusst seinen Fehlern und den negativen Seiten des Showbiz… neben dem Konsum von viel Alkohol und Substanzen, sowie dem kontinuierlichen Schlafmangel berichtet er nämlich auch über depressive Phasen, Burn-Out und von einigen Beziehungen, die durch sein Verhalten keine Chance bekommen sollten.

Forever Yours“ hat zwar nicht dazu geführt, dass ich die Songs von Sunrise Avenue nun regelmäßig höre, oder gar nach dem Lockdown eines der Abschiedskonzert (die Band wurde nämlich mittlerweile offiziell von Samu aufgelöst) besuche, aber die 400 Seiten habe mich auf ihre Art gefesselt und waren für einige Zeit ein guter Begleiter beim morgendliche Kaffee, abends im Bett oder auch zwischendurch, wenn die nervige Corona einen mal wieder zum Nichtstun verdammt.

Und ich glaube der gute Samu Haber ist unter seiner harten „Hühnerhaut“ doch irgendwie ein recht feiner Kerl 😉

 

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