While Heaven Wept – Vast Oceans Lachrymose (Cruz del Sur Music, 06.11.2009)

Vor kurzem kehrte Tom Philipps aus dem zwischenzeitlichen Ruhestand noch einmal zurück, um seine Band While Heaven Wept von der Live-Bühne zu verabschieden. Wie ernst es ihm damit wirklich ist, wird man sehen. Die verkaufen T-Shirts mit dem Aufdruck „1989 – 2019“ stimmen einen zumindest melancholisch. Letztlich ist das aber auch eine gute Gelegenheit auf die Musik der Gruppe im Rahmen der Classics zurück zu schauen.

Warum es gerade das dritte Album geworden ist, liegt ziemlich auf der Hand: mit „Vast Oceans Lachrymose“ etablierte Philipps erstmals eine Bandbesetzung, die länger Bestand hatte und letztlich feierte man so etwas wie einen Szenedurchbruch, welcher im Anschluss zu einem Labeldeal mit Nuclear Blast führen sollte. Und noch viel einfacher: das Ding ist einfach verdammt gut und tatsächlich ein junger Klassiker!

While Heaven Wept wurden anfangs dem epischen Doom Metal zugeordnet, was sicherlich richtig ist. Wer allerdings den Begriff Doom mit reiner Langsam- und Schwerfälligkeit definiert und genau dies beim dritten Anlauf der Band erwartete, hatte vielleicht keine uneingeschränkte Freude an dem Album. Die sechs Musiker geben auf „Vast Oceans Lachrymose“ nicht selten um einiges mehr Gas als manche anderer Genrekollege.

Bereits „The furthest shore“ fräst sich mit stark nach vorne gehenden und schweren Riffs ins Bewusstsein des Hörers. Und nach kurzer Zeit bekam man die offensichtlichste Änderung zu den Vorgängern zu hören: Tom Phillips gab das Gesangsmikro an Rain Irving ab, der mit seiner klaren und doch kräftigen Stimme die Musik prägte, auch wenn er stimmlich nicht wirklich weit weg von seinem „Vorgänger“ war.

 

Der Gesang unterstützt wunderbar die emotionalen und zum Heulen schönen Melodien, die sich in den Liedern verstecken und eine unnachahmliche melancholische sowie sentimentale und doch majestätisch ergreifende Stimmung aufbauen. Und diese Atmosphäre ist letztendlich das, wofür Doom Metal steht, auch wenn die Band sich musikalisch über zahlreiche Genres stellt und sich oft in anderen Gefilden bewegt.

Zum Beispiel wird bei „To Wander The Void“ eindeutig Fates Warning zu „The Spectre Within“-Zeiten gehuldigt („The Apparition“ lässt grüßen!). „Living Sepulchre“ ist dazu schon fast thrashig geraten, was zwar passt, wenn man den dunklen Text betrachtet, sich ansonsten aber nicht so richtig ins so liebevoll ausgearbeitete Gesamtbild einfügen mag, in dem es von akustischen Farbtupfern, progressiven Ausflügen, atmosphärischen Brücken, tollen Gitarrenharmonien und effektvoller Schwere wimmelt.

Demgegenüber stehen aber grandiose Nummern wie das traumhafte „Vessel“, das sich als Art Hit des Albums mauserte und mit einem Refrain mitreißt, der vor allem mit seiner religiösen Symbolik Sinn macht. Sehr stark ist auch das bereits genannte, sehr episch ausgefallene und abwechslungsreiche „The Furhest Shore“, welches trotz seiner Länge von über 15 Minuten zu keiner Sekunde langweilig wird und von dem man sich regelrecht in eine andere Welt davon treiben lassen kann, wie es auch das wunderschöne Coverbild des englischen Malers John Martin suggeriert.

Bei den letzten beiden instrumentalen Stücken „Vast Oceans Lachrymose“ und „Epilogue“ kommt diese Bildsprache in Form von Wellenklängen zum Ausdruck. Trotz der Thematik klingt insbesondere das orchestrale Titelstück regelrecht positiv und erhebend. Letzteres gilt auch für das ganze Album. Denn selten klang Melancholie so schön – für manchen aber auch fast schon wieder zu süßlich.

Aber trotzdem ist „Vast Oceans Lachrymose“ ganz und gar wunderbar geworden. Man kann immer noch respektvoll den Hut davor ziehen. Es gehört zusammen mit Griftegards „Solemn, Sacred, Severe“, welches zwar musikalisch einen anderen Ansatz hat, aber eine ähnliche Stimmung verbreitet, zu den besonderen Genre-Highlights des Jahres 2009. Und es ist ein echtes Album in LP-Länge mit einem guten Fluss, welches besonders unter Kopfhörern genossen, noch ein Stückchen größer wirkt.

 

Trackliste:
1. The Furthest Shore
2. To Wander The Void
3. Living Sepulchre
4. Vessel
5. Vast Oceans Lachrymose
6. Epilogue