Konzertbericht CAPTAIN PLANET, BETWEEN BODIES – Gleis 22 (Münster, 14.10.2023)

Wir alle sind doch angezählt seit Jahren….

Ou man, bei der Zeile aus der neuen Single “Halley” hat es mich eiskalt erwischt. Man wird älter, das Hallodri-Punkrockleben fällt mit zunehmendem körperlichen Verfall immer schwerer, ständig hat man Rücken und wenig Schlaf und viel Feiern am Wochenende ist auch nicht mehr so einfach zu verkraften wie als geneigter Tween.

Schön, wenn man dann so ehrlich ist, und das auch künstlerisch zum Ausdruck bringt. Ich mag Captain Planet. Und das, obwohl ich mit deutschsprachiger Musik wirklich nicht so viel anfangen kann. Seit mir vor ungefähr 17 Jahren ein damaliger Kommilitone in unserer WG-Küche einen Song namens “Wespenstich” vorgespielt hat, gehört das Quintett zwischen Elbe und Weser neben Turbostaat zu einer der großen Ausnahmen.

Aprospros, das letzte mal habe ich Captain Planet tatsächlich als Vorband von Turbostaat in der Hamburger Markthalle gesehen – gleichzeitig auch mein letztes Prä-Corona-Konzert. Diese Erinnerung fühlt sich auch deswegen wie aus einem vollkommen anderen Leben an. Als Vorband spielte die Gang um Sänger Arne damals nur ein kleines Support-Set und die vergleichsweise große Markthalle war nicht die ideale Venue für den energetischen Emopunk der Truppe.

Das ist heute eine ganz andere Kiste: Das Münsteraner Gleis 22 ist der perfekte Laden für die Occasion – klein, authentisch und einer der symphatischsten Läden des Landes. Mit im Gepäck ist die Deutsch-Kanadische Truppe Between Bodies, die in jüngerer Vergangenheit immer mehr auf sich aufmerksam macht. Das Quartett macht gleich deutlich, dass es heute Abend laut wird….die Anlage ist bis zum Anschlag aufgedreht und zwischendurch koppeln die Gesangsmikros immer wieder. Das soll der guten Stimmung aber keinen Abbruch tun und die Band freut sich sichtlich über den Zuspruch des ausverkauften Gleis’.

Die Mikro-Situation pendelt sich beim Hauptact dann wieder ein und Münster bekommt die Steilvorlage für eine gelungene Party geliefert. Captain Planet starten ihr Set zunächst gediegen mit dem Opener des (gelungenen) neuen Albums “Come On, Cat”. Die hungrigen Fans beginnen schon zu den langsameren ersten Takten von “Neujahr” ordentlich zu tanzen und als es dann ins klassische Territorium geht, ist das Gleis wirklich nicht mehr zu halten.

Pogo tanzen, Hände in die Höhe, Schlüsseltextzeilen mit skandieren und tosender Applaus nach jedem Song – die Show hat alles was ein toller Konzertabend braucht. Hinzu kommt eine gelungene Songauswahl quer durch die Diskografie der fünf Jungs, von “Vom Ende An” zurück zu “Hans Dampf”, vor zu “Spielplatz”, zurück zu “So Much Water So Close To Home” und wieder weiter zu “Blattsport” (für alle, die gerne lesen). Auch eine kleine Liebeserklärung an die alten Weggefährten von Matula (auch eine tolle Band) und dem berühmten Bockspringen auf der Autobahn ist mit “Abenteuer Im Metadelta” dabei.

Insgesamt finden Songs der neuen Platte “Halley”, “Tuffi” oder “Nur Verlierer” genauso ihren Platz wie die frenetisch gefeierten Klassiker “Rambo”, “Pyro” und “Wespenstich”. Perfekt wird es anschließend mit einer Zugabe, die mit “Hundertzwanzig Sachen” und einem letzten Hurra des Publikums den Abend beendet. Glücklich und zufrieden geht es jetzt nach Haus und ich kann nur konstatieren: Captain Planet, auch nach 16 Jahren, Liebe wie am ersten Tag.