HEIMAT FESTIVAL

Interview – “Der Grundgedanke ist eigentlich gewesen jungen Bands aus der Region eine Plattform zu geben” – mit Flo vom HEIMAT FESTIVAL

Am 19.05.2018 findet zum fünften Mal das HEIMAT FESTIVAL im beschaulichen Scheeßel in der niedersächischen Provinz statt, zu welchem neben gut 1.000 Besuchern auch wieder ein phantastisches Line-Up zusammengekommen ist! Passend zur Veranstaltung konnten wir mit Flo aus dem Team des Festivals sprechen und ein paar Informationen rund um das HEIMAT FESTIVAL herauskitzeln und gleichzeitig den Zeitplan des Abends mitbringen.

Nun aber erstmal viel Spaß mit dem Interview…

 

Moin Flo, schön dass du dir kurz vor dem HEIMAT FESTIVAL noch schnell ein wenig Zeit für uns genommen hast! Wie geht`s, wie hoch ist aktuell der Stresspegel?
Moin! Schön, dass es geklappt hat. Also von Stress würde ich jetzt gerade nicht reden. Es sind noch ein paar Sachen zu regeln, aber eigentlich läuft alles nach Plan. Das mag in einer Woche aber vielleicht ein wenig anders sein.

Ich will gar nicht lange um den heißen Brei herum reden und direkt anfangen… wie seid ihr vor fünf Jahren eigentlich auf die Idee gekommen das HEIMAT FESTIVAL zu gründen? Ich meine mit dem Hurricane Festival gibt es ja schließlich schon einen riesigen Event in Scheeßel!
Ich wollte vor sechs Jahren schon mal was für die lokale Szene starten, habe dann aber ein weiteres Jahr gebraucht um Leute zu finden, die dabei sind. Der Grundgedanke ist eigentlich gewesen jungen Bands aus der Region eine Plattform zu geben (was das Hurricane vernachlässigt) und für all die coolen Leute in der Region ein gemeinsames Festival zu organisieren. Dazu wollten wir versuchen mit möglichst vielen regionalen Anbietern zusammen zu arbeiten, da wir eigentlich alles vor Ort haben, was wir brauchen!

Ist es nicht unsagbar anstrengend und eine kleine logistische Meisterleistung, ein solches Festival zu realisieren – ohne teils übermenschlichen Einsatz wird das Ganze ja nicht funktionieren, oder?
Ja, da steckt teilweise schon ein Jahr Arbeit hinter. Aber man muss sagen, dass unser Team extrem gut funktioniert und wir viel Erfahrung gesammelt haben und so von Jahr zu Jahr weniger neu planen müssen und alles so ganz gut läuft. Beim Festival selber bzw. dem Aufbau ist das dann teilweise logistisch schon gut fordernd, auf jeden Fall. Da muss alles wie geplant ankommen und aufgebaut werden, sonst wird es auf unserem Gelände eng. Vieles kann nur nacheinander aufgebaut werden.

Ist es eigentlich schwierig immer wieder genügend Helfer/innen zu finden, die hier ihre Freizeit‚ ja teilweise sogar ihren Urlaub ‚opfern‘?
Zum Glück sind alle Helfer irgendwie Freunde und es spielen auch die Bands, die die Helfer sehen wollen und da packen die Leute gerne mit für an. Aber wir sind auf jeden Fall super dankbar, dass so viele Leute anpacken und Urlaub nehmen um uns zu unterstützen. Ohne die Helfer würde es das Festival nicht geben! Irgendwann müssen wir aber natürlich auch sehen, dass wir engagierten Nachwuchs dazu bekommen.

Wenn ich mir das diesjährige Line-Up ansehe, dann fahrt ihr ja richtig auf… ich meine Bands wie Jaya The Cat, die Alex Mofa Gang oder Le Fly sind ja keine Unbekannten und auch „Newcomer“ wie Leto, Keele, Brett, die Flickering Lights bzw. The Palm Set sind ja auch nicht gerade mehr Nobodys, oder?! – wie kommt ihr auf die Bands, wer entscheidet bei euch was geht… und was vielleicht eben auch mal nicht geht?
Le Fly wollten wir schon vor 5 Jahren haben, da war unser Budget aber noch zu klein. Ich denke unser Gesamtpaket ist super stark, gerade für die schlappen 20 Euro. Ich buche zwar alle Bands und habe natürlich viele Ideen, aber oft entscheidet das Team. Jaya The Cat habe ich z.B. gebucht, weil die einer aus unserem Team unbedingt haben wollte, ich habe mit der Band gar nicht so viel am Hut. Aber sie scheinen extrem gut anzukommen – sowohl im Team, als auch bei Besuchern. Aber ich muss auch sagen, dass ich noch nie so viele Bands wie in diesem Jahr angefragt habe und noch nie so oft „nein“ sagen musste. Unser Budget ist leider begrenzt und wir können bei vielen Gagen leider nicht mitgehen.

Ist es eigentlich nicht immer ein Spagat sich zwischen „großen“ namenhaften Bands – die zwar viele Leute ziehen, aber dann auch entsprechende Gagen aufrufen – und kleineren heimischen, eher noch unbekannten Band zu entscheiden?
Das stimmt. Die lokalen Bands stehen eigentlich schon recht früh, bei den Headlinern müssen wir dann öfter mal ne Weile warten und uns hinten anstellen. Uns ist aber wichtig lokale Bands dabei zu haben, denn das war ja auch unser Ansatz und die fördern wird gerne. Persönlich würde ich mir aber wünschen, dass es wieder mehr neue Bands geben würde. Die Szene ist doch stark zurück gegangen in unserem Landkreis.

Wo liegt da eure selbstauferlegte Schmerzgrenze? Oder anders gefragt, wen würdet ihr unwahrscheinlich gerne mal für das HEIMAT FESTIVAL buchen… jetzt mal unabhängig von der Gage?
Gute Frage, ich glaube, da würde jeder aus dem Team eine andere Band nennen. Daher kann ich das nur für mich beantworten, was aber auch schwer ist. Sowas wie Millencolin, Thees Uhlmann oder Frittenbude wäre schon ein Highlight irgendwann mal. Und wenn es um ne Reunion geht: dann hätte ich gerne Muff Potter oder die Kilians bei uns.

Wo wir gerade beim leidigen Thema Geld bzw. Kosten sind, wie sehr unterstützen euch hier die heimischen bzw. regionalen Sponsoren… denn wie bereits erwähnt findet ja nur einige Wochen später der Mega-Event mit gut 80.000 Besuchern statt – bleibt da für so kleine Veranstaltungen überhaupt noch etwas über?
Im Sponsoring stehen wir jetzt überhaupt nicht in Konkurrenz mit dem Hurricane. Es ist ein schweres Thema, welches extrem viel Zeit und Arbeit frisst. Aber ohne Sponsoren würde das Festival nie im Leben zu dem Preis funktionieren und wird sind sehr dankbar, dass wir teilweise seit 5 Jahren immer wieder die selbe Unterstützung bekommen. Es ist eine schöne Anerkennung und ein gutes Signal, dass wir nicht alleine da stehen.

Wenn ich die Festival-Entwicklung bzw. Szene der letzten Jahre anschaue, dann sind – nach dem Festival-Sterben früherer Jahre (wie z.B. das Area 4, oder das Rock in den Ruinen und natürlich leider auch das Omas Teich Festival) – wieder ganz viele kleine Veranstaltungen wie Pilze aus dem Boden geschossen, oder?

Gibt es da einen neuen Trend, der sich eher hin zu kleinen DiY-Festivals verlagert – ist gerade das gemütliche, idyllische wieder mehr gefragt als diese riesigen unpersönlichen Events mit Riesenrad, Supermarkt und völlig übertriebenen Eintritts- bzw. Getränke-Preisen?
Omas Teich tat mir echt weh, da bin ich sehr gerne hin. Schaut mal in die Line Ups, wer da früher schon war! Der Wahnsinn! Ist natürlich extrem cool, dass sich viele Leute etwas trauen und organisieren. Ich finde kleine Festivals mittlerweile viel cooler als die ganz großen. Und da spielen immerhin die Bands von morgen. Ob Liedfett, Montreal oder Anchors & Hearts… sie spielten alle nach uns beim Hurricane. Jeder fängt mal klein an und es ist toll, wenn viele Besucher so etwas unterstützen. Irgendwann wird der Markt aber natürlich auch gesättigt sein, wir werden sehen, wie lange das noch funktioniert.

Wenn ich mir eure Besucherzahlen der letzten Jahre ansehe, dann sind zu euch immer so um die 1.000 Gäste gekommen – im Gegensatz zu den ganzen Clubs, die mittlerweile leider aufgrund mangelnder Zuschauerzahlen schließen müssen, scheint die Zahl der Festival-Besucher konstant zu bleiben… wie erklärst du dir diesen krassen Unterschied?
Ich kann es dir ehrlich gesagt nicht sagen, aber Festivals sind auf jeden Fall „in“ heutzutage. Ich würde aber sagen, dass wir einen Teil dazu beitragen, kleine Bands zu fördern und unsere Zuschauer zu animieren zu den Konzerten zu gehen. Ich habe schon oft gehört, dass unsere Besucher bei uns Bands entdeckt haben und dann auch zu ihren Konzerten gegangen sind.

Hattet ihr in den letzten Jahren schon einmal das Bestreben die Veranstaltung auf mehrere Tage auszuweiten – das Rock am Beckenrand hatte ja letztes Jahr erstmals an zwei Tagen geöffnet, wäre so etwas auch für euch vorstellbar?
Klar, nachgedacht haben wir. Aber eigentlich nicht wirklich ernst. Wir konzentrieren uns auf einen Tag – ich glaube wir würden für 2 Tage nicht genug Helfer animieren können. Und ohne Helfer funktioniert dies alles nicht. Lieber möchte ich dann in eine zweite Bühne irgendwann investieren und noch mehr Vielfalt bieten.

Oder wie sehr ließe sich das Gelände noch erweitern, so dass bei Bedarf (stellen wir uns mal vor ein uneigennütziger Gönner würde euch mal Die Toten Hosen o.ä. in die nordische Idylle holen wollen) einige mehr Zuschauer das Festival besuchen könnten?
Eigentlich wollen wir gar nicht so viel größer werden, deshalb sind wir immer bei den 1.000 Besuchern geblieben. Vielleicht werden es mal irgendwann 1.500 oder so, aber wir haben da jetzt keinen konkreten Plan. Mehr Besucher würde vermutlich nur durch größere Bands gehen – und da wären wir dann wieder beim Thema Geld. Aber wir finden derzeit gerade schön, dass wir so klein sind. Ein großes Mega-Festival gibt es nebenan.

Eigentlich bin ich jetzt auch schon durch mit dem Interview… ich habe jetzt noch ein paar kurze Fragen, die ich gerne mal in den Raum werfen möchte. Vielleicht fällt dir ja spontan etwas dazu ein?!

Was macht ein Flo, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist ein Festival zu organisieren?
Dann arbeite ich beruflich in einer Booking-Agentur, besuche extrem viele Konzerte und Festivals und reise auch sehr gerne.

Wie groß sind die eigenen Ambitionen selber mit Band beim HEIMAT FESTIVAL aufzutreten?
Musikalisch habe ich es echt nicht drauf, sorry. Organisieren liegt mir viel mehr!

Wieviel Zeit und Kopf hast du während der Veranstaltung entspannt der Musik bzw. den Bands zu folgen?
Im ersten Jahr war ich sehr nervös und habe nix mitbekommen. Mittlerweile kriege ich sehr viel mit, das Team funktioniert einfach mega gut. Also von jeder Band sehe ich schon mindestens 5-10 Minuten.

Was wäre dein Leben ohne Musik?
Unvorstellbar.

Gibt es noch eine bestimmte Festival-Anekdote aus den letzten Jahren, die du uns nicht vorenthalten möchtest?
Wir setzen bei uns Toilettenwagen statt Dixis ein, ist einfach cooler. Allerdings gab es da letzte Jahr Probleme mit dem Wasser und einer Verstopfung. Das hat uns ganz schön nervös gemacht, hat sich aber nach wenigen Minuten geklärt. Man denkt sich aber dann schon: „Was, wenn einer der beiden Klowagen zur Primetime ausfällt?“. Das war zu dem Moment ganz schön nervig, heute lachen wir gerne immer wieder drüber.

Was möchtest du am Montag nach dem Festival in den Zeitungen lesen?
Erstmal schöne Bilder sehen, die zeigen mir Blickwinkel, die ich so gar nicht mitbekomme. Und dann sehr gerne, dass wir Sonne hatten und alle Besucher zufrieden waren, neue Bands kennen gelernt haben und wieder kommen 🙂

Vielen Dank für das ausführliche Interview… möchtet ihr unseren Lesern noch irgendetwas mit auf den Weg geben?
Unterstützt die lokalen Festivals, da steckt viel Herzblut und Liebe drin und es macht wirklich viel Spaß! Wir freuen uns, wenn ihr auch mal bei uns vorbei schaut.

Hier geht`s zur FESTIVAL – HOMEPAGE – und hier gibt es das HEIMAT FESTIVAL auf FACEBOOK

Für die schicken Fotos verantwortlich ist übrigens der liebe Till Petersen 🙂

Näheres zu den Bands findet ihr hier:

LetoKeeleLe FlyJaya The CatAlex Mofa GangBRETTFlickering LightThe Palm Set