Helmet live in Augsburg (Kantine, 21.11.2023)

Ach ja, die 90er… Zwischen Pearl Jam, Nirvana, Rage Against The Machine oder den Red Hot Chili Peppers flimmerte auch eine kleine Bands namens Helmet über die MTV-Bildschirme. Der Song hieß „Unsung“ und war doch wesentlich spezieller und verschrobener als die anderen, neuen Hitmaschinen. Helmet waren eher die Musiknerds, die es aber doch schafften etwas Neues, anderes zu kreieren, was später Heerscharen an Musikern beeinflussen sollte (wenn auch vielleicht unbewusst). Ein paar Jahre später war der Ruhm dann irgendwie dahin und nach der Reunion, die auch schon wieder zwei Jahrzehnte andauert, konnte man nie mehr an die großen Erfolge anknüpfen.

Und wie das Konzert der aktuellen Tour in Augsburg zeigt, hat sich in den letzten 30 Jahren gar nicht so viel verändert. Man ist noch immer (oder wieder) diese kleine, verschrobene Nerd-Band von und für Freaks. Und wenn auch die Clubs heutzutage nicht mehr die größten sind, sind diese Freaks dann doch zur positiven Überraschung zahlreich erschienen. Einige Konzerte der Rundreise waren sogar ausverkauft. Das ist fein!

Die Erschienenen dürften auch zu keiner Sekunde ihr Kommen bereut haben, denn Helmet sind immer noch diese staubtrockene Groovemaschine mit dem speziellen Sound, wie ihn nur Page Hamilton & Co. reproduzieren können. Dass man allerdings nicht nur im Gestern lebt, zeigte die gespielte Setliste, die Songs aus der kompletten Karriere der Band umfasste. Also auch von den eher wenig geliebten Platten seit dem Neuanfang. Daran störte sich aber keiner, denn am Ende klang alles wie aus einem Guss, egal ob die Nummern von „Monochrome“, „Meantime“ oder dem aktuellen „Left“ stammten.

Die musikalische Performance war wirklich mitreißend. Mit welcher Präzision die Riffs aus den Gitarren gehauen wurden, beeindruckte. Noch viel mehr das hammerharte Schlagzeugspiel von Kyle Stevenson. Ach ja, Schlagzeug, das Lieblingswort von Page Hamilton, wie er im weiteren Verlauf des Konzerts mit einem verschmitzten Grinsen in hervorragendem Deutsch erwähnte. Wenn er denn mal Ansagen machte. Bis zur ersten dauerte es eine geschlagene halbe Stunde, in der eine Nummer ohne Pause auf die nächste folgte, bevor mit dem rabiat dargebotenen „Iron Head“ ein kurzer Cut folgte. Der Bandboss ist halt doch keine klassische „Rampensau“, sondern auch noch im fortgeschrittenen Alter weiter der liebenswürdige, schlacksige Nerd, der er immer war und der lieber die Musik für sich selbst sprechen lässt.

Dass noch immer jede Menge Feuer und Aggression in ihm lodert, welche er in mitreißende Songs kanalisiert, bewies er unlängst mit dem aktuellen Album „Left“, welches ausführlich beworben wurde und dessen Songs sich bestens ins restliche Programm integrierten. Stimmungshöhepunkt war aber natürlich trotzdem ihr alter Klopfer „Unsung“, der das Augsburger Publikum, das sonst eher interessiert zuhörte, in Ekstase versetzte und sogar für einen Minimoshpit vor der niedrigen Bühne sorgte. Spätestens da war der Knoten endgültig geplatzt.

Auch die Band spürte diese Energie und nahm in der Zugabe sogar noch einen weiteren Song („Just Another Victim“) ins Programm auf, so dass man in den 90 Minuten Spielzeit am Ende 25 Nummern zum Besten gab. Damit dürfte wohl niemand unzufrieden nach Hause gegangen sein.

In der Form dürften Helmet gerne auch ein drittes Mal in die Stadt kommen (nach 2008 und heute). Aber bitte nicht erst wieder in 15 Jahren!

 

Setlist:
Swallowing
Bad News
Give It
Holiday
On Your Way Down
So Long
FBLA II
Big Shot
Algiers
Ironhead
Life Or Death
NYC Tough Guy
High Viz
Gun Fluf
Unsung
Beautiful Love
Dislocate
Blacktop
Wilma’s Rainbow

Army Of Me
Speechless
Sam Hell
Milquetoast
Just Another Victim
In The Meantime

 

 

Vielen Dank an Seaside Entertainment für die Möglichkeit hierüber berichten zu können!