Taylor Momsen von The Pretty Reckless im Interview – Ich spiele einfach Rock’n’Roll

Ich durfte letzten Dienstag das Konzert von The Pretty Reckless in Hamburg besuchen und mit Taylor Momsen sprechen. Ich hatte vorher ein wenig Angst, sie wäre eine arrogante Rockgöre, aber sie hat mich eines besseren belehrt. Taylor ist super nett und sympathisch und wirkt kein Stück arrogant. Danach habe ich mir die Show angeguckt und auch ein Paar Fotos gemacht (siehe unten).

Taylor und ihre Band haben vom ersten Ton an richtig Gas gegeben und kamen mit Follow Me Down auf die Bühne. Insgesamt haben sie 15 Songs rausgehauen, darunter auch Make Me Wann Die und My Medicine vom ersten Album. Über Going To Hell und Heaven Knows vom zweiten bis hin zu den neuen Stücken wie Take Me Down und Oh My God. Obwohl Taylor mir im Interview das wohl längste Set versprochen hat, was die Band jemals gespielt hat, kamen am Ende wieder nur die für amerikanischen Bands obligatorischen 60 Minuten zusammen. Aber sie kamen nochmals für eine Zugabe auf die Bühne. Mit einer 10 minütigen Version von Fucked Up World verabschiedeten sich The Pretty Reckless dann aus Hamburg. Im großen und ganzen war das Konzert auf jeden Fall lohnenswert, ich würde bei einer erneuten Gelegenheit auf jeden Fall wieder hingehen. Und wenn man es schon kennt von den Amis, ist man nach 60 Minuten auch nicht all zu sehr enttäuscht.

Eure Europatour ist fast vorbei, wie war sie bis jetzt? 

Es ist toll bis jetzt, die Tour ist ausverkauft, das Publikum ist fantastisch. Wir spielen ein längeres Set als jemals zuvor. Wir spielen fast 2 Stunden. Bis jetzt ist es unsere beste Tour.

Habt ihr ein Ritual, bevor die Konzerte losgehen? 

Ich ziehe mich an, trinke Wasser, packe die In-Ears rein und gehe auf die Bühne. Vielleicht noch eine Zigarette rauchen, aber nichts besonderes.

Ist Touring anstrengend für euch? 

Ja, sehr sogar. Es macht eine Menge Spaß aber wir haben während einer Tour nicht besonders viel Schlaf.

Erzähl mir was über dein neues Album „Who you selling for“. Erzähl mir worum es geht. 

Puh, das ist eine komplizierte Frage. Es geht um so viel, es geht um meine persönlichen Erfahrungen, meine Gefühle, die Welt die mich sicherlich beeinflusst hat. Es ist schwer es zu definieren. Auf eine Weise ist es ein klassisches Rockalbum mit einer großen Vielfalt, so das hoffentlich für jeden etwas dabei ist. Musikalisch ist es sehr abwechslungsreich. Wir haben einfach Spaß am Rock’n’Roll und das vereint einfach alles, egal ob Blues, Jazz, Pop, Funk, es ist einfach alles. Es macht Spaß in einer Rock’n’Roll Band zu spielen, du bist nicht eingeschränkt als Musiker. Rock’n’Roll ist all das.

Wie läuft bei euch das Songwriting ab? 

Ben, unser Gitarrist, und ich schreiben all unsere Songs. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie funktioniert es magischer Weise. (lacht) Du weißt nie von wo die Inspiration gerade kommt. Ich mach immer den schlechten Witz, wenn ich weiß von wo sie kommt, werde ich da hin gehen. Aber ich weiß es nicht. So wird es manchmal ein etwas beschwerlicher Prozess. Du kannst keine Idee erzwingen, du musst drauf warten dass es dich trifft. Wie eine Lampe, die dir aufgeht.

Ihr entscheidet also nicht, heute schreibe ich einen Song der dies oder das? 

Manchmal, es ist nicht so gezielt. Es passiert manchmal einfach und jeder Song kommt auf eine andere Weise. Es ist der umständlichste Weg, aber auch der lohnendste wenn wir einen guten Song fertig stellen. Es ist das bester Gefühl der Welt.v

In euren Texten geht es oft um den Himmel, den Teufel oder die Hölle. Religion spielt aber keine große Rolle in eurem Leben. Warum singt ihr darüber?

Ich denke diese Dinge sind sehr verbreitete Metaphern, so kann jeder verstehen, egal welche Sprache du sprichst. Ich denke der Gebrauch von Himmel und Hölle ist ein Metapher für Gut und Böse. Es ist eine Gemeinsamkeit in der Musik und jeder hat einen Bezug dazu und kann es verstehen. Die Hölle ist überall um uns herum, ich denke nicht dass es ein Ort unter der Erde ist. Vielleicht existiert der Ort, aber ich denke nicht. Versprechen kann ich es aber nicht (lacht) Es ist einfach metaphorisch für Gut und Böse.

Als du jünger warst hast du Nippelstripes auf der Bühne getragen…

Ja (schmunzelt)

Auf eurem zweiten Album warst du nackt auf dem Cover

Ja (lacht)

Bist du noch so freizügig oder hört das mit dem Alter auf?

Ich würde nicht sagen ich bin weniger freizügig, ich würde sagen ich bin reifer. Ich denke Rock’n’Roll und Sex gehen Hand in Hand miteinander. Ich meine, niemand würde es erwähnen wenn ein dicker Typ oberkörperfrei da steht. Sieh die Robert Plant von Led Zeppelin an, man hat seinen Penis durch die Hose gesehen. Ich denke es ist zweckmäßig. Auf dem Cover zu „Going to Hell“ war ich nackt mit dem Kreuz auf meinem Rücken. Das ist eine Hommage an Pink Floyd. Ich bin ein Riesen Fan und ich habe ein Poster von Pink Floyd, auf dem alle Alben auf nackten Frauen ausgebreitet sind. Es muss also auch einen künstlerischen Zweck haben, dann ist das okay für mich.

Deine Bandmitglieder sind alle älter als du, wie habt ihr zueinander gefunden? 

Ich hab Ben als erstes kennengelernt. Ben, Mark und Jamie waren damals zusammen in einer Band. Ich hab Ben durch unseren Producer kennengelernt und wir haben angefangen Songs zusammen zu schreiben. Es hat auf einfach gepasst zwischen uns. Wir haben ein Rehearsal gespielt und es passte. Ich hab dann einfach ihre Band übernommen (lacht) ich zerreiß eure Songs und bin jetzt eure Sängerin, ändere den Bandnamen in einen schlechteren.

War es schwer sich als junges Mädchen zu behaupten? Wurdest du überhaupt Ernst genommen? 

Es war eine Herausforderung, zugegeben wenn ich ihm Publikum stehen würde und dann steht da ein 15jähriges Mädchen. Ich würde es nicht Ernst nehmen. Ich war 15 bei unserem ersten Album. Es braucht definitiv Zeit. Wir sind jetzt fast seit 10 Jahren als Band zusammen. Ich denke das ist vorbei, aber gerade am Anfang war es schwer Ernst genommen zu werden.

Und wer hat bei euch das Sagen? 

(flüstert) Ich

Als meine Freundin mir von The Pretty Reckless erzählt hat, dachte ich, nicht noch eine Schauspielerin die singen will. Aber als ich euch gehört hab, wusste ich, das ist was anderes. Wie bist du zu der Musikrichtung gekommen? Diese Art von Oldschool Hardrock ist nicht typisch für Mädels in deinem Alter. 

Ich bin damit aufgewachsen. Mein Vater ist ein Riesen Rock’n’Roll Fan. Wenn du in mein Elternhaus gehen würdest, und den Raum von meinem Vater siehst, es ist ein riesen Rock’n’Roll Museum. Da ist ein riesen Mick Jagger Poster, die Beatles waren die erste band die ich je gehört habe. Er hat mir früher Mixtapes mit Classic Rock gemacht, mit Pink Floyd, den Beatles, The Who, The Doors, Bob Dylan, den Stones. Es wurde ein Teil von mir.

Ich hab Dinge gelesen wie, ‚from grinch to grunge‘ oder ‚Gossip Girl gone bad‘. Wie sehr nervt es dich, für viele Leute nach so vielen Jahren immer noch die ehemalige Schauspielerin zu sein?

Es ist immer etwas irritierend. Ich verstehe aber warum es so ist. Die Schauspielerei fühlt sich für mich wie die Kindheit an. Ich war ja tatsächlich ein Kind. Und das ist jetzt mein Erwachsenenleben und das war meine Kindheit. Es fühlt sich an, wie wenn ich über die Grundschule spreche. Es ist etwas verrückt, aber bleibt trotzdem Teil meines Lebens. Auch nach drei Alben, zwei EPs, Touren rund um die Welt. Aber ich verstehe warum.

Du bereust es aber nicht

Naja, ich hatte nicht wirklich eine Wahl. Ich wurde in die Schauspielerei geschubst als ich ein Kind war. Als ich alt genug war meine eigenen Entscheidungen zu treffen, habe ich damit aufgehört und spiele einfach Rock’n’Roll.

 

 

Bilder: Christian Wasnick, Seemannsgarn Photographie