Ingar Zach – strumento di etimo incerto (Edities Aspen, 21.04.2023)

Der norwegische Perkussionist, Komponist und Elektroniker Ingar Zach ist seit ca. Mitte der 1990er Jahre unterwegs und hat sich in dieser Zeit einen gewissen Kultstatus in Kreisen der Experimentalmusik gemacht. Anfang des Jahrtausends gründete er dann auch noch das Label für norwegische und skandinavische Experimentalmusik SOFA, das sehr erfolgreich wurde und immer noch ist.

Mit „strumento di etimo incerto“ legt er nun ein neues Album in seiner inzwischen sehr opulenten Diskographie vor.

„strumento di etimo incerto“ besteht aus drei Tracks. Den Start macht gleich der größte Brocken „Cicchitaredu“ mit knappen 23 Minuten.  Das Stück baut sich langsam über eine sich immer wiederholende Sequenz aus Bassklängen auf. Darum gruppiert sich mal Elektronik, andere Perkussionen, (gesampelte?) Saitenklänge und immer wieder dunkle elektronische Drones, die aus der Tiefe kommen. Das klingt nach ein bisschen wenig für 23 Minuten, ist es aber nicht. Je länger der Track dauert, desto mehr nimmt er den Hörer trotz oder eben wegen seiner stoischen Wiederholungen gefangen.

Immer mehr zieht einen der Strom mit, das Schlagzeug wird immer präsenter und die Atmosphäre immer dichter und so ab Minute 12 treibt man dann einfach nur noch in diesem wunderbaren Strom. Nach den 23 Minuten fragt man sich tatsächlich, wie dieses Stück denn bitte diese Länge haben kann und warum es denn nur schon vorbei ist. Beendet wird es jedoch mit sphärischen elektronischen Wabersounds, die den Hörer sanft und ein wenig unheimlich aus dem Stück geleiten.

Ein grandioses Stück Experimentalmusik.

Das knapp 12 Minuten lange zweite Stück „Le Finestre I-IV“ ist dann weniger eingängig. Elektronik wird perkussiv eingesetzt, elektronische Geräusche kreisen um den Hörer, mal schwebend, mal harsch. Auch hier erschafft Zach eine gewisse Atmosphäre aus Disharmonie und Geräusch, aber diese Experiment packt mich nicht so wie das erste Stück und obwohl oder weil mehr passiert als im Opener, fühle ich mich hier eher ein wenig überfordert. Im Gegensatz zum ersten Stück berührt mich dieser Soundmix einfach nicht.

Abgeschlossen wird mit dem 10-Minuten-Stück „Davoli“. Dunkle elektronische Drones eröffnen es. Diese wirken wie ein Gewitter das aus weiter Ferne heranzieht. Auch die Atmosphäre ist bedrohlich und kreist um den Hörer. Das passiert über fast 7 Minuten und holt den Hörer mehr und mehr in seinen Bann bevor das Stück mit sanften Perkussionen und etwas optimistischeren und helleren Elektronikklängen endet und das Album abschließt.

Mit dem ersten Stück bietet dieses Album wohl eines der besten Ingar-Zach-Stücke, die ich kenne, das durchaus auch Freunden an Spacerock, Ambient oder anderer Musik gefallen könnte, sofern sie auch etwas anderen Klängen offen gegenüber sind. Das zweite Stück fällt dann für mich stark ab, da es etwas überambitioniert ist. Mit dem letzten Stück hingegen wird man dann wieder versöhnt.

Ein starkes Album.

 

  1. Cicchitaredu
  2. Le Finestre I-IV
  3. Davoli

https://aspenedities.bandcamp.com/album/strumento-di-etimo-incerto
https://ingarzach.com/
https://www.discogs.com/de/artist/384832-Ingar-Zach

4.6