Konzertbericht KARIN RABHANSL – Neue Welt (Ingolstadt, 24.11.2023)

Eigentlich sollte das ein Abend mit voller Rockband-Power werden. Karin Rabhansl wollte zusammen mit ihrer Band nach Ingolstadt kommen. Doch da die aktuelle Erkrankungswelle sich nicht nur auf lustige Memes beschränkt, sondern auch vor in Bands spielenden Menschen keinen Halt macht, gab es in Ingolstadt statt Rockband-Power Loopstation und Karin solo – sozusagen wortwörtlich als last woman standing. Sowie die Erkenntnis: Das ist wohl ausgeprägtes Improvisationstalent, so kurzfristig alles umzukrempeln. Dafür wurde es in der Neuen Welt umso intimer.

Doch schon zu Beginn merkte man, dass es auch der Musikerin selbst ein wenig unangenehm war: Zunächst eine Entschuldigung dafür, dass sie wegen Krankheit der Band nur alleine auftreten konnte – und es sollte im Laufe des Abends nicht bei einer bleiben. Doch dann wurde es musikalisch: Das auf Bayerisch umgedichtete Sheryl Crow-Cover von „If It Makes You Happy“ machte den Anfang. Wie das eben so ist, wenn man sich gerade erst kennengelernt hat, braucht es ein bisschen um miteinander warmzuwerden. Man erzählt ja nicht jedem Wildfremden sofort sein Innerstes. Aber nachdem Karin Rabhansl immer wieder kleine Anekdoten über die Entstehungsgeschichte ihrer Songs oder was sie beim Schreiben bewegt hat, einfließen ließ, steht fest: Jetzt ist man dicke miteinander.

Die mitgebrachte Loopstation kam zum Einsatz und lieferte im Backing-Sound ein wenig Drum-Groove, Schellenkranz-Einlagen, zart gestreichelte Gitarrensaiten oder Gesang. Man erfuhr, warum der Titelsong des Albums „Singa“, das 2023 sein zehnjähriges Jubiläum feiert, der Großtante der Künstlerin gewidmet ist. Ganz leise, fast zerbrechlich intoniert, untermalte der Song den Text.Welch ein Gänsehautmoment dieses Lied ist.

Einen Ausflug in die Welt des Poppunk gab es mit „Cool“, einem Song, der einst mit einem Augenzwinkern für einen Sänger einer Punkband geschrieben wurde. Kaum war der Song verklungen, ertönte aus dem Publikum ein “Ich hol’ mir jetzt ein Weizen!” Wie gut, dass hier schon ein intimes Freundschaftslevel erreicht wurde … Aber wenn schon eine solche Stärkung der Stimmbänder angesagt war, kann man die Interaktivität im Publikum auch ausbauen – so gab es Mitsingparts bei „Mogst schmusen, mia wad’s wurscht“.

In der kurzen Pause konnte sich jeder, der wollte, am Merchstand eine „Singa“-CD als kleines Trostpflaster für die ausgefallene Band abholen. Nicht nur einmal war zu hören, wie sehr man sich in die Lieder hineinversetzen konnte. Schöner kann ein Kompliment nicht klingen.
„Baby, lauf“ war dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25.11. gewidmet und zeigte, wie vielfältig das Themenspektrum der Lieder von Karin Rabhansl ist. „A Woch vor Weihnachten“ läutete dann die Vorweihnachtszeit ein (Noch genau 4 Wochen! Wir haben Merch dabei!) und wurde stilecht mit Weihnachtsmütze vorgetragen.

Nachdem auch die eigentlichen Zugaben den Applaus nicht verstummen ließen, gab es nochmal ein Cover – diesmal von Joni Mitchell – allerdings unverstärkt und inmitten des Publikums gespielt. Damit verhallten dann aber auch wirklich die letzten Töne eines Abends, der soviel mehr war als ein Trostpflaster zum Bandauftritt: Ein ganz persönliches Innehalten im Alltag und sich Wegträumen – auch wenn das mitunter sehr niederbayrisch-grantig klang.

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Fotocredit Titelbild: Sven Rödit/Bilderbube
Text und Bild: Melanie