Festivalbericht: Uncle M Fest am 26.04.2019

Das labeleigene Uncle M-Fest öffnet auch dieses Jahr wieder die Pforten des Münsteraner Skater’s Palace. Ich freue mich darüber, dem Spektakel mit meinem pensionierten Kollegen Nico Ackermeier, von dem die Bilder des Beitrags stammen, beizuwohnen.

Mein initialer Gedanke: Wow, die Veranstaltung ist wirklich groß geworden. Könnte der große Raum des Skater’s Palace nicht vielleicht eine Spur zu groß sein für die versammelte Punkrockgemeinde? Nein, tatsächlich nicht. Denn zum einen ist die Besucherfläche geschickt mit Vorhängen und Merchständen so drapiert, dass sie weder zu groß, noch zu klein wirkt. Familiär, doch trotzdem genügend Platz, um nicht zerquetscht zu werden und sich zwischenzeitlich entspannt ein Bier zu holen. Was will Punk mehr.

Den Abend eröffnen die ortsansässigen Jungs von Shoreline, die sich als Lokalmatadore keinesfalls vor den anderen Bands des Abends verstecken müssen. Gegen Ende des Sets eine Solidaritätsbekundung zum Queer-Booking und ein Aufruf zur Diversität auch auf den Bühnen. Sehr sympathisch! Darüber hinaus sorgt ein Gastauftritt von Idle Class-Sänger Tobias Pelz für schöne Erinnerungsgefühle an mein allererstes Interview, das ich vor einigen Jahren mit Idle Class führte und meinen Einstand bei Handwritten markiert.

Von Münster geht es dann straight nach Australien und der Stichpunkt Diversität auf den Bühnen erfüllt sich bei Press Club zum ersten Mal. Frontfrau und Sängerin Natalie Foster definiert Bühnenpräsenz, Power und Ausstrahlung neu und zeigt den Herren der Schöpfung mal eben, wo der Hammer hängt. Wir lassen diese Bilder einfach mal für sich sprechen.

Auf dem aufsteigenden Ast sind auch die sich beim Publikum offensichtlich großer Beliebtheit erfreuenden Pkew Pkew Pkew. Später am Abend lernen wir noch, wie man diesen Bandnamen möglichst korrekt ausspricht. Kleiner Tip: Mehr Konsonantlaute als ich erwartete. So langsam wird es dann auch immer voller.

Bevor es in den Endspurt geht, entführen uns Trade Wind noch einmal in musikalisch andere Gefilde. Wesentlich flächiger, atmosphärischer und langsamer lassen es die fünf Jungs „from all over the place“, so Sänger Jesse Barnett auf der Bühne, angehen. Leider nicht ohne einige Soundprobleme. Besonders der Gitarrenkanal produziert eine Menge Störgeräusche und der Bass klingt nicht wirklich differenziert, sondern eher wie ein entspannter Hummelschwarm auf Blütenfangkurs. Der etwas eigenwillige Sound findet nicht bei allen Anklang, dafür bei einigen tanzenden und ausrastenden Fans aber umso mehr.

 

Nun folgt, für mich persönlich, das Highlight des Abends. Spanish Love Songs, die ich dieses Jahr schon im Hannoveraner Chez Heinz interviewen durfte, rocken dieses Mal in kompletter Besetzung inklusive Keyboarderin Meredith Van Woert, die in Hannover leider fehlte, auf. Auch das zweite Mal in diesem Jahr überzeugen mich die emotionalen Punks aus LA auf ganzer Linie. Das Publikum sieht das ähnlich und feiert die Band frenetisch. Energetisch ist aus meiner Sicht an diesem Punkt der Höhepunkt des Abends erreicht. Sing-Alongs, Moshpit, strahlende Gesichter. Besser geht es eigentlich nicht.

Den Headliner gibt an diesem Abend der Münsteraner und Punkrocker-mögens-auch-mal-Akustisch-Liebling Dave Hause mit seiner Band The Mermaid. Unvergessen ist mein Abend der Revival Tour 2011, genau hier im Skater’s Palace, an dem ich das großartige Solo-Talent von Dave zum ersten Mal bewundern durfte. Mittlerweile hat sich der große kleine Mann aus Philly etabliert und einen Namen gemacht. Und tauscht die Akustik-Gitarre des Öfteren auch gegen eine E-Gitarre ein, was im Bandkontext natürlich hervorragend funktioniert. Ich persönlich habe das Gefühl, vielleicht hätte man Hause und Spanish Love Songs aus dramaturgischen Gründen umgetauscht, da es sich bei Dave Hause and The Mermaid nun mal doch um die etwas ruhigere, Blues-beeinflusste Singer/Songwriter-Gangart handelt, aber das Konzept geht, nichtsdestotrotz auf. Das Münsteraner Publikum ist schließlich offen und an verschiedensten musikalischen Gangarten interessiert. Das macht, zugegeben, ein bisschen neidisch.

Außerdem cool: Die vielen Spendenaktionen und der grundsätzliche, politische Aktivismus rund ums Fest herum gipfeln in einem Pressefoto für Sea-Watch, bei dem die Bandmitglieder von Dave Hause and The Mermaid mit Rettungswesten vor dem Publikum posieren, um die Solidarität des Festivals mit den Seenot leidenden Flüchtlingen im Mittelmeer zum Ausdruck zu bringen.

Uncle M beweisen dieses Jahr einmal mehr ein gewissen Händchen für’s Booking und stellen eine abwechslungsreiche Mischung an Künstlern aus der Punkperipherie zusammen, die alle ihre eigenen Stärken haben und auf ganzer Linie zu überzeugen wissen. Außerdem schafft das kleine Münsteraner Festival, was Giganten wie das Hurricane nicht auf die Kette bekommen: Mehr Diversität auf der Bühne zu schaffen. Mit einigen Bands, die aus gemischtgeschlechtlichen Bandmitgliedern bestehen. Das kann gerne weiter Schule machen. Am Ende des Abends steht wieder einmal eines fest: Das Uncle M-Fest ist einfach immer eine Münsterreise wert. Wir kommen immer gerne wieder.