Bleeding – Elementum (Pure Prog Records, 27.10.2017)

Jetzt muss ich glatt aufpassen, dass man uns hier keine Parteilichkeit und Lobhudelei unterstellt, nur weil Gitarrist Marc Nickel und seine Mitmusiker gute Bekannte der Redaktion sind. Aber es tut mir leid: das zweite Album der Stader Bleeding ist eben eine verdammt starke Platte geworden! Jeder der etwas mit Mucke aus dem Spannungsfeld zwischen Prog und Thrash Metal anfangen kann, sollte hier mal reinhören. Denn warum in die Ferne schweifen, wenn es auch in unseren Breitengraden interessante Bands gibt?

Am Grundsound von Bleeding hat sich nichts geändert. Noch immer gibt es hier Metal der etwas technischeren Sorte auf die Ohren. Ist auch keine Wunder, wenn man sich quasi auf einem Konzert der erwähnten Psychotic Waltz gegründet und man sich nach dem vierten Album ebenjener Band benannt hat. Technisch anmutender Thrash nimmt einen großen Platz im Sound der Band ein. Hinzu kommt eine gewisse Portion an Melancholie und Wahnsinn, wie ihn der für diese Musikrichtung überraschend pathetische und theatralische Gesang Haye Grafs verbreitet. Im Zusammenhang mit den teils psychedelischen Gitarrenparts ergibt sich eine interessante Stimmung. Man höre nur das grandios eingängige, aber zu keiner Sekunde flache „Heir To Apostasy“ oder das nicht umsonst so benannte „Paranoia“.

Im Gegensatz zum Debütalbum „Behind Transparent Walls“ gelingt es Bleeding dieses Mal noch besser Atmosphäre zu erzeugen, selbst wenn der Hammer so ordentlich kreist, wie beim Albumopener „When They Come“. Vielleicht hat der Band auch die neue Rhythmusgruppe Heiko Spaarmann (Bass) und Andreas Tegeler (Schlagzeug) gut getan, die man sich mit den Genre-Kollegen Poverty’s No Crime teilt. Die Songs klingen nämlich ziemlich flüssig, selbst wenn sich die Gitarrenfront recht verspielt gibt.

An starken Momenten mangelt es auf „Elementum“ jedenfalls nicht. Zwischen den technisch anmutenden Songs haben sich aber auch überraschend geradlinige Titel versteckt, wie das heroische „Macbeth“ oder das an melodische Nevermore erinnernde „Ember“. Überraschenderweise versucht man sich beim Titeltrack auch an einem Instrumental. Kernkompetenz bleiben aber nach wie vor ausgefeilter wirkende Nummern wie „Immortal Projection“ oder „Sense And Science“. Dass beides auch in einem Song geht, zeigt, das oben erwähnte „Heir To Apostasy“. Ein neuer Genrehit?

Definitiv ein Genrehit ist das Album als solches. Es ist sogar besser geworden als gedacht/erwartet. Also, ihr Anspruchsmetaller da draußen: Zwischen Depressive Age, Coroner, Watchtower oder Anacrusis passt zum Abendbrot in Zukunft auch immer ein Stückchen Bleeding!

 

Trackliste:
1. When They Come
2. Heir To Apostasy
3. Immortal Projection
4. Paranoia
5. Macbeth
6. Sense And Science
7. Ember
8. Elementum
9. Shipwrecked

 

4.5