Tankard – Chemical Invasion [Deluxe Edition] (Noise/BMG, 24.11.2017)

Zum Ende des Jahres haben BMG unter ihrem Noise-Banner noch einen rausgehauen. Für seinen nächsten Schwung an Wiederveröffentlichungen nahm man sich einen deutschen Klassiker vor: Tankard. Die Frankfurter Schluckspechte haben zwischen 1986 und 1995 auf dem ehemaligen Label Noise Records sieben Studioalben und zwei EPs veröffentlicht, welche jetzt wieder ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Als erstes erscheinen das Debüt „Zombie Attack“ (1986), „Chemical Invaision“ (1987) und das dritte Album „The Morning After“ (1988), zusammen mit der EP „Alien“ (1989) auf CD und als LPs. Der Rest folgt dann am 26. Januar. Die CD-Versionen kommen (wie üblich) als Digipacks mit ausführlichen Liner-Notes daher. Frontmann Gerre gibt hier einiges zur Geschichte der Band und zu den Inhalten der Songs zum Besten. Das fehlt bei den Vinyl-Versionen. Dafür bekommt man diese nicht im schnöden Schwarz, sondern jeweils in einer anderen Farbe.

Zusammen mit ihren ehemaligen Labelkollegen Kreator, Destruction und Sodom zählen Tankard zu bekanntesten und beliebtesten deutschen Thrash-Metal-Bands. Im Gegensatz zur Konkurrenz geht es bei den Hessen nicht wirklich ernst zu. Auch wenn man immer wieder Anflüge von Ernsthaftigkeit herauslesen kann, steht bei den Texten eindeutig der Spaß im Vordergrund. Das Thema Bier und Suff zieht sich wie ein roter Faden durch die Songs der Truppe. Kein Wunder, wenn man sich „Bierkrug“ nennt. Zum Lachen sollte man also nicht unbedingt in den Keller müssen, wenn man eine Platte von Tankard auflegt.

„Zombie Attack“ war ja ganz nett, aber so richtig los ging’s erst ein Jahr später mit „Chemical Invasion“. Die Platte ist in allen Belangen besser als ihr Vorgänger. Der Sound drückt fetter aus den Boxen, die Musik ist ausgeklügelter, aber ohne, dass der jugendliche Charme verloren gegangen wäre und der Gesang klingt richtig fies. Die Punkeinflüsse sind so gut wie komplett verschwunden und man hat es nun mit purem Thrash Metal zu tun. Dabei haben Tankard ihren Stil schon hier gefunden, dem sie bis heute treu sind. Wilde Akkorde, statt Aneinanderreihung von mächtigen Powerchords amerikanischer Schule, verpackt in zackige, mitgrölbare Songs.

Nach dem Rülps-Intro geht es mit „Total Addiction“ und „Tantrum“ gleich richtig zur Sache. Die Band explodiert regelrecht und drückt ordentlich nach vorne. Da fällt es zuerst eigentlich gar nicht auf, dass man es hier mit reiner Spaßmucke zu tun hat. Aber hey, ein Refrain wie „Tantrum, you stole my beer!“ lässt sich doch gut mitgrölen. Die Lyrik wird einem aber nicht immer mit dem ganz großen Holzhammer eingeklopft. „Don’t Panic“ hat zum Beispiel einen gar ironischen Unterton. Man ließ sich dieses Mal auch von einem Muttersprachler bei den Texten helfen, was der Sache ziemlich gut tat. Trotzdem passierte ein Ausrutscher wie das bitterböse „Farewell To A Slut“.

Musikalisch wurden Tankard auch mutiger. Klar, es wird jede Menge deftiger Thrash geboten. Das fast achtminütige „Traitor“ klang aufgrund seines abwechslungsreichen Sounds regelrecht ungewöhnlich, das unwesentlich kürzere „For A Thousand Beers“ sogar noch mehr, denn hier haben wir es mit einem fein aufgebauten Instrumental zu tun. Hätte man dem Quintett gar nicht zugetraut. Mit „Puke“ gibt es dafür eine kurze Blödelnummer und mit „Alcohol“ (hat nichts mit dem gleichnamigen Titel des Debüts zu tun!) ein unterhaltsames Punk-Cover von Gang Green.

Am Ende ist „Chemical Invasion“ eine ziemlich runde, unterhaltsame Sache geworden, die einige coole Titel sowie mit dem Titeltrack einen amtlichen Klassiker enthält. Das Cover setzt dem Ganzen das I-Tüpfelchen auf. Hier arbeitete man das erste Mal mit Sebastian Krüger zusammen, welcher der Band den besonderen, liebevollen und humorigen Look gab. Tolles Ding!

 

Trackliste:
1. Intro
2. Total Addiction
3. Tantrum
4. Don’t Panic
5. Puke
6. For A Thousand Beers
7. Chemical Invasion
8. Farewell To A Slut
9. Traitor
10. Alcohol
11. Outro