Rome – Gates of Europe (Trisol, 25.08.2023)

Eine Kollage aus Kriegsgeräuschen und Radiomeldungen vom Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24.02.2022 eröffnet das inzwischen 20. Album Romes, der Band des Luxemburgers Jerome Reuter.

Reuter gab kurz vor Kriegsbeginn einige Solokonzerte in der Ukraine und spielte als erster nicht ukrainischer Act nach Kriegsbeginn bereits im Juli 2022 mit der kompletten Band erneut in der in dem Land. Die Einnahmen der Shows, ebenso wie für zwei kürzlich veröffentlichter Singles, spendet er zu 100 % für Flüchtlingsunterkünfte in der Ukraine.

Wer sich mit Rome schon beschäftigt hat, kennt seine Einstellung zu einem vereinten Europa. In seinen Arbeiten hat er beide Weltkriege, ebenso wie die vielen anderen europäischen Kriege vor wie nach den Weltkriegen, verarbeitet. Hierbei geht es ihm immer um den Menschen, der unter den Krieg leidet, um die Unsinnigkeit der Streitereien und dem Leid, welches diese verbreiten. Nun liefert er mit “Gates of Europe” eine leider topaktuelle Beschreibung des Krieges und seiner schrecklichen Fratze.

Musikalisch gehören Rome für mich zu den Bands, von denen man bis zu einem gewissen Grad erwartet, dass sie zu klingen haben, wie sie klingen. Für Rome ist da einmal Jerome Reuters unglaublich beeindruckende Stimme. Ich kenne wenige Stimmen, die eindringlicher und ikonischer sind. Als zweites Merkmal wäre da das unglaubliche Gespür für großartige Melodien. Ohne auch nur auf einen Song banal zu wirken, gelingt es der Band hervorragende und auch durchaus eingängige Songs zu liefern, die trotzdem eindringlich und berührend sind. In diesem Zusammenhang gehört auch das großartige Arrangement, welches den Songs dann widerfährt. Von spröden akustischen Liedern über feinen Independent-Rock-Arrangements bis hin zu voll orchestrierten Hymnen ist hier alles dabei.

Als letzten Punkt habe ich für mich die Arbeit mit Samples und Fieldrecordings notiert. Alle richtig guten Rome-Alben (und das sind fast alle) sind mit eindringlichen Stimmsamples aus alten Filmen, Original-Überlieferungen von historischen Reden versehen. Dazu gesellen sich Geräusche, häufig dem Thema geschuldet, halt Kriegsgeräusche. Diese werden mit elektronisch erzeugten Klangwellen zum Boden der Alben, die aus den Songs komplette Alben aschmieden.

Und diese Attribute werden auf “Gates of Europe” wieder voll erfüllt. Ein wenig ist von ihrem letzten Album die Arbeit mit Synthesizern geblieben, ansonsten erinnert es mich mehr an die früheren Werke. Wunderbar eindringliche Balladen wie “Whom the gods wish to destroy” arbeiten mit viel Akustikgitarre und traditionellen Klängen. Das großartige „Our lady of the legion“ ist eine auch von der Akustischen geführten Hymne mit schönen Keyboardsounds. Ein dunkler Bass bildet die dunkle Seite des Stücks. „Marauder“ startet mit einem Raketeneinschlag, dunkle Perkussionen, ebensolche Keyboardspuren sowie der tiefe Gesang Reuters lassen dem Hörer anschließend kalte Schauer dem Rücken herunterlaufen.

Ich könnte jetzt alle 14 neuen Stücke lobhudelnd beschreiben, was aber wenig Sinn macht. Rome bringen ihre Kunst und ihre Worte mit “Gates of Europe” zu einem neuen Höhepunkt. Für ganz frühe Fans mag es inzwischen schon etwas zu eingängig sein, aber eigentlich glaube ich das nicht.

Rome setzen das schwierige Thema musikalisch wie inhaltlich perfekt um. Dieses Album ist für Menschlichkeit und gegen Krieg. Für Zusammenhalt und gegen Aggression. Und es ist wieder einmal musikalisch hervorragend.

 

  1. Gates of Europe
  2. The death of a lifetime
  3. Yellow and blue
  4. How came beauty against this blackness
  5. Eagles of the trident
  6. Whom the gods wish to destroy
  7. Our lady of the legion
  8. Marauder
  9. The black axis
  10. The ballad of Mariupol
  11. Going back to Kyiv
  12. The brightest sun
  13. Olenivka rain
  14. Archives of silence

https://fantotal.de/de/ltd-12-vinyl-rome-gates-of-europe

https://de.wikipedia.org/wiki/Rome_(Band)

 

 

4.8