Rammstein – Rammstein (Vertigo/Capitol, 17.05.2019)

Rammstein sind über die Jahre ihrer Existenz ein Phänomen geworden. Trotz, oder vielleicht wegen ihrer deutschen Texte, ist die Band auch international erfolgreich. Seit jeher spielt die Band auch mit gezielten Provokationen. In einer Zeit, wo Menschen besonders gern empört über fast alles sind, was nicht in die eigene kleine Welt passt, funktioniert Provokation besonders gut.

Wie gut dieses Prinzip zündet, hat die Band im Vorfeld der Veröffentlichung des neuen Albums „Rammstein“ gezeigt. Ein kurzer Teaser welcher die Band in KZ-Häftlingskleidung zeigt hat gereicht, um die Medienlandschaft, Anhänger und Bandhasser aus dem Tiefschlaf zu wecken. Das folgende Video zum Titelsong stellte die Provokation dann schnell in das richtige Licht. So geht Comeback!

Obwohl ich ein großer Fan der Band bin, kann ich mich mit den beiden letzten Alben der Band nicht so richtig anfreunden. „Liebe ist für alle da“ kann ich mir immer noch nicht am Stück geben.

Mit „Rammstein“ liegt nun das siebte und eventuell letzte Album der Band vor. Beim ersten Durchlauf haben mich die Songs überrascht. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir ein Rammstein-Album schon nach dem ersten Durchgang so gut gefallen hat. Die Band zeigt sich deutlich gereift und die Songs sind eingängiger. Dabei muss man aber auch sagen, die Band erfindet sich nicht neu. Riffs, Rhythmen, Melodien und auch die Texte sind noch immer aus dem Bandeigenen Baukastensystem!

Der Einstieg in das Album gelingt mit „Deutschland“ ausgesprochen gut. Der Song ist schon länger bekannt und wurde mit dem fast epischen Videoüber Youtube ordentlich gepusht. Die Band beschäftigt sich mit der deutschen Historie und dem zwiespältigem Verhältnis welches die Band, und vielleicht nicht nur sie, mit diesem unserem Land hat. Politisch eindeutige Äußerungen der Band gab es vielleicht vorher nur im Song „Links 2 3 4“.

„Radio“ beginnt mit den typischen Rammstein-Riffs. Keine Ahnung, wie oft genau diese Riffs schon bei Rammstein verwurstet worden sind, aber sie funktionieren immer wieder. „Zeig Dich“ beginnt mit lateinischem Chorgesang und schweren Riffs. Der Text behandelt die Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche. Das Thema wird von Rammstein in typischer Art sehr plakativ und klar angesprochen. Fehlinterpretation ist hier kaum möglich. Der Refrain des Songs ist fast ein wenig zu süß ausgefallen!

„Ausländer“ fängt an wie eine 80er Jahre Dancefloor-Song. Die zügig einsetzenden Gitarren bilden einen schönen Kontrast zum elektronischen Unterbau! Der Text verschiebt die Grenzen von Ausländern und Inländern und macht klar, dass man beides ist, je nachdem wo man sich grade befindet. Der Song bildet für mich zusammen mit „Sex“ ein Songduo. Dass man so nebenbei noch Sexismus abhandelt und wie die Gesellschaft damit umgeht anprangert, merkt der Zuhörer erst später!

„Puppe“ ist komplett verstörend. Der Song ist oft sehr ruhig. An einigen Stellen bricht es aber aus Lindemann heraus und der Refrain wird mit Vehemenz geschrien. „Was ich liebe“ zeigt eine sehr pessimistische Sicht auf die schönen Dinge des Lebens. Trotz des sehr eingängigen Refrains bleibt der Song etwas hinter den anderen 10 Titeln des Albums zurück!

„Diamant“ ist die obligatorische Ballade des Albums, und vielleicht die schönste welche Rammstein bisher veröffentlicht haben. Akustische Gitarren und, für Lindemann-Verhältnisse, sehr einfühlsamer Gesang.

„Weit weg“ erinnert mich an die Phase der Band in der das Album „Mutter“ entstanden ist. Der Song wird von futuristischen und elektronischen Tönen getragen. Drums und Bass zaubern einen hypnotischen Rhythmus in die Gehörgänge. Der Song ist mein Highlight des Albums!

Nach der Ruhepause geht es mit „Tattoo“ Rammstein-typisch weiter. Harte Strophen, eingängiger Refrain. Passt!

„Hallomann“ bildet den Abschluss von „Rammstein“. Es geht um Kindesentführung. Der Song geht nahe und das Thema wird von Rammstein mit einer sehr düsteren Stimmung abgehandelt!

Fazit: „Rammstein“ gefällt mir besser als die beiden letzten Alben der Band. Rammstein scheinen ruhiger geworden zu sein. Die Texte sind, besonders wenn es um politische Themen geht, eindeutiger in der Aussage geworden.

Empfehlung? Ja!

1. Deutschland
2. Radio
3. Zeig Dich
4. Ausländer
5. Sex
6. Puppe
7. Was ich liebe
8. Diamant
9. Weit Weg
10. Tattoo
11. Hallomann

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