Fotocredit: Tom Ham

IDLES – Tangk (16.02.2024)

Happy Releaseday, IDLES!

Mit „Tangk“ haben IDLES heute ihr fünftes und mit Sicherheit bislang vielschichtigstes Album veröffentlicht. Und auch wir können und wollen uns den allgegenwärtigen Lobeshymnen nur so anschließen.

In gut 40 Minuten verteilt auf 11 Songs nutzt Joe Talbot 29 Mal das Wort „Liebe“. Er setzt den Neologismus „Freudenfreude“, die „Freude an der Freude“ als Gegenentwurf von Schadenfreude und nutzt diesen Begriff als Werkzeug und Waffe gegen eine Welt, die das Glück und die Freude komprimieren will, bis es möglichst kontrollierbar wird.

Gemeinsam mit den drei Produzenten der Platte, dem IDLES Gitarristen, Mark Bowen, Kenny Beats (Denzel Curry, Vince Staples, Benee), der auch bereits die großartige Vorgängerplatte „Crawler“ mitproduzierte und Nigel Godrich (Radiohead, The Smile, Beck) liefert Joe Talbot Hymnen zur Überwindung unseres Kummers.

Wo IDLES einst mit rauer Wucht und Wut soziale Ungleichheiten anprangerten, strotzt „Tangk“ nur so von Liebe, Freude und Dankbarkeit für die bloße Möglichkeit der eigenen Existenz. Ihre Musik gedeiht nicht trotz unserer Probleme sondern wegen ihrer. Die Platte soll uns einmal mehr ermutigen, uns um uns selbst und uns um die anderen zu kümmern. In „Pop Pop Pop“ endet die erste Strophe mit der Notiz „Keep my people up / That’s my tool“. Diese „people“ sind wir alle, Talbot eingeschlossen. Es ist die leidenschaftliche Botschaft weiterzumachen und weiter zu lieben.

Während der Arbeit an dieser Platte erkannten Talbot und Bowen als Freunde wie als gemeinsame Songwriter, „dass wir in jeder Hinsicht fast das genaue Gegenteil sind […] Es gab eine Zeit, in der wir dachten, es sei wichtig, einer Meinung zu sein, aber wir sind glücklicher und besser, wenn wir immer unterschiedlicher werden.“

Diese Erkenntnis im Gepäck brachte Talbot zum Finalisieren der Platte in einem südfranzösischen Küstenort lediglich drei fertige Strophen mit.

Statt fertiger Lyrik vertraute er dabei auf die neuen Songs, die es ihm erlauben würden, spontan beizusteuern, was er in diesem Moment empfand, mit der gleichen Intensität und dem Elan, mit dem IDLES auf der Bühne stehen. Zu verarbeiten dafür gab es reichlich: die Pandemie und der Tod seines erstgeborenen Kindes hin zur überwältigenden Liebe zu seiner Tochter und dem Glück und der Liebe einer neuen Beziehung.
Und so meint Talbot: „Ich brauche Liebe. Dann habe ich sie erschaffen. Ich habe der Welt Liebe gegeben und es fühlt sich magisch an. Dies ist unser Album der Dankbarkeit und Kraft. Alles Liebeslieder. Alles ist Liebe.“

Alle Lieder dieser Platte eint das radikale Gefühl von trotziger Ermächtigung. So ist „Gift Horse“ ein Zeugnis der Erlösung und der Suche nach etwas oder jemanden, der die Sorgen der Welt erträglicher gestaltet und diese sogar in Motivation umwandelt. „Roy“ dokumentiert wie Verliebtheit, Mensch von eigenen Selbstzweifeln befreien kann und aufbaut, während „Grace“ den Verlockungen des Nihilismus die wohlwollende und verbindende Kraft der Liebe entgegenstellt: „No god, no king / I said love is the thing“.

Vielleicht sind es daher dann v.a. auch die eher unerwarteteren Songs, bei denen sich IDLES weit aus ihrer Komfortzone bewegen, die „Tangk“ zu etwas so besonderen machen. Sei es nun „Grace“ mit seinen Synthflächen oder, das als Pianoballade nur unzureichend beschriebene „A Gospel“. Die Songs wildern fröhlich im Soul, HipHop bis hin zum Art-Pop, wirken mitunter fast radioheadesk und doch hört Mensch immer das Raue, hört Mensch immer IDLES.
Und dann ist da noch inmitten der Platte „Dancer“, ein Song, der bereits jetzt zur Hymne taugt. Gemeinsam mit James Murphy und Nancy Whang vom LCD Soundsystem hören wir hier Talbots Mantra:
„I give myself to you / As long as you move / On the floor […] I’m a dancer / You’re a dancer / Let’s dance.“
„Dancer“ wirkt lasziv und verspielt wie der ekstatische Klang einer zumindest vorübergehenden Lösung. Talbot singt hier nicht nur über die Verzückung von Zweisamkeit, einer neuen Beziehung sondern zeitgleich auch über die Tausendkeit, die besondere Beziehung zwischen IDLES und ihren Fans und der Welt im Allgemeinen.

Es ist das Gelübde einer Band, sich immer wieder aufzurichten und für sich und ihre Zuhörer zu kämpfen, immer wieder die Beharrlichkeit von Freude, Hoffnung und Liebe anzubieten. Es ist ein Liebeslied, so wie „Tangk“ ein Liebesalbum ist – offen für jeden, der etwas zum Herausschreien braucht, um sich gegen das Gefühl der Leere zu wehren.

 

Titel:
1. Idea 01
2. Gift Horse
3. Pop Pop Pop
4. Roy
5. A Gospel
6. Dancer
7. Grace
8. Hall & Oates
9. Jungle
10. Gratitude
11. Monolith

Fotocredit: Tom Ham

Bereits im März sind IDLES dann mit „Tangk“ auch bei uns auf Tour:
15.03.2024, Berlin: Max-Schmeling-Halle
16.03.2024, Hamburg: Sporthalle
21.03.2024, Köln: Palladium
22.03.2024, München: Zenith
23.03.2024, Frankfurt: Jahrhunderthalle

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