Viagra Boys – Welfare Jazz (YEAR0001, 08.01.2021)

Ein wenig verspätet, aber dennoch recht neuen heißen Scheiß aus Schweden bringen uns die Viagra Boys mit ihrem im Januar erschienene Album „Welfare Jazz“.

Auch wenn die großen Hallen wegen der scheinbar nie enden wollenden Pandemie bisher noch auf die Stockholmer warten mussten, so haben sich die Viagra Boys schon mit ihrer 2018 veröffentlichten Debut-Scheibe „Street Worms“ in die Herzen der punkbegeisterten Meute gespielt – ich meine, wer damals die durchgeknallte Nummer „Sports“ nicht abgefeiert hatte, der kann gar nicht mitreden… aber das ist eine andere Geschichte!

Denn nun ist der „Welfare Jazz“ in den Plattenläden eingezogen und begeistert mich schon wieder extrem, denn irgendwie mag ich Sebastian Murphy und seine durchgeknallte Truppe – auch wenn mir die neue Scheibe beim ersten Durchgang doch schon ein wenig zu verrückt und experimentell rüber kommt. Egal, da muss man sich wahrscheinlich eh wieder rein hören… ich kann mich dran erinnern, dass mir das beim Erstlingswerk ähnlich ergangen war.

Hier ein bisschen The Stooges, da ein wenig Nick Cave, Joy Division oder Einstürzende Neubauten… alles gespickt mit einer gehörigen Portion Durchgeklinktheit und experimenteller Energie, die einen oftmals an den Rande des Wahnsinns (und gelegentlich auch darüber hinaus) bringt und die Schweden auf ihre Art und Weise so einzigartig macht.

Ob nun der Opener „Ain´t Nice“, der die Scheibe spannend eröffnet, oder „Toad“, welches mich an den guten alten Iggy Pop oder sogar an eine schräge The Doors Nummer erinnert – erklärt mich für bescheuert, aber Mr. Murphy hat garantiert gelegentlich „L.A. Woman“ gehört, als er den Song schrieb. Zusammen gehen wir dann „Into The Sun“, wo wir die „Creatures“ treffen – zu dem feinen Song gibt es sogar ein schickes Video, schaut hier…

Aber im Gegensatz dazu macht mich „6 Shooter“ zum Beispiel total fertig. Es stellt sich das Gefühl ein, dass mein Hirn sich in den nächsten Sekunden einen Weg aus seiner harten Schale suchen wird – Wahnsinn!

Der „Secret Canine Agent” lauert in jeder Ecke und treibt seine Besitzer zum Wahnsinn… und verleitet mich immer wieder zu einem nervösen Blick zu meinen beiden Hunde-Damen, die mich so liebenswürdig grenzdebil anlächeln – nein, nicht jedes Haustier ist mit solch positiver Intelligenz beseelt.

I Feel Alive“ kann ich im Gegensatz zu den Viagra Boys nicht unbedingt behaupten, denn das Album hinterlässt bei mir bisher das Bild zweier aufeinander zu fahrenden Dampfloks, deren Aufgabe es scheinbar sein soll, sich gegenseitig zu eliminieren – die eine Lok ist hier wohl „Welfare Jazz“ und die andere mein geschundenes Hirn.

Neben dem darauf folgenden “Girls & Boys” gefällt mir übrigens die vorletzte Nummer “To The Country” mit Abstand am besten auf dem neuen Album – vielleicht ist das auch der Grund, warum es der Abschluss-Cover-Song „In Spite Of Ourselves“ bei mir schwer hat, noch einmal große Begeisterung zu erzeugen?!

Sanft und sorgfältig betrachtet kann ich den Viagra Boys abermals nur ein Kompliment aussprechen – denn so verrückt wie sie auch sein mögen, so sehr haben die Jungs und ihre Musik eine feine durchgeknallte Nische gefunden. Somit haben sie definitiv eine Berechtigung, den Punkrock auf ihre Art und Weise zu zelebrieren… und ich will die Schweden nun endlich auch mal live sehen.

Also Corona, verpiss dich endlich!

 

Titel:
1. Ain’t Nice
2. Cold Play
3. Toad
4. This Old Dog
5. Into The Sun
6. Creatures
7. 6 Shooter
8. Best In Show II
9. Secret Canine Agent
10. I Feel Alive
11. Girls & Boys
12. To The Country
13. In Spite Of Ourselves

Foto: Fredrik Bengtsson

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4.1