New Model Army – Sinfonia (earMUSIC, 15.09.2023)

Als Justin Sullivan vor über 40 Jahren seine New Model Army gründete, hätte er sich wohl nie träumen lassen, dass er mal gemeinsam mit einem Orchester auf der Bühne stehen und seine Songs präsentieren würde. Aber genau das ist am 15. Juli 2022 in Berlin geschehen. Aber wahrscheinlich hätte er auch nicht gedacht, in dem Alter überhaupt noch auf der Bühne zu stehen…

Und so ist „Sinfonia“ ein Zeugnis einer Band, die es nach all den Jahren noch wissen möchte und bereit ist sich selbst herauszufordern. Das herbei gezogene Sinfonia Leipzig Orchester ist dabei keine hintergründige Begleitung, wie viel zu oft bei diesen „Rockband trifft auf Orchester“-Geschichten, sondern man ging tatsächlich eine Symbiose ein, lüftete die Songs teilweise mal richtig durch. Unterstützt wurde die New Model Army von der Geigerin Shir-Yan Yinon, mit der man schon seit einigen Jahren zusammenarbeitet und die ausgewählten Stücke für das Projekt neu arrangierte.

Und das Ergebnis überzeugt wirklich. Eben weil hier keine zwei Pole nebeneinander her spielen, sondern miteinander. Und nicht nur bei Balladen wie „Green And Grey“ oder „Lullaby“, sondern auch bei rockigen oder dramatischen Songs wie „Devil’s Bargain“, „Innocence“ oder auch „March In September“. Über weite Strecken hört man die Musiker der Army sogar sehr wenig, gerade die Gitarre Justin Sullivans. Das führt dann zu besonders interessanten Ergebnissen wie bei „Passing Through“ und „Winter“. Dann hat man tatsächlich das Gefühl einer 40-köpfigen Band zu lauschen und keinem einmaligen Projekt.

Damit umgeht man bei „Sinfonia“ so mancher Erwartungshaltung, die eine solche Geschichte in der Regel mit sich bringt. Keine reine Gimmick-Sache, keine verkitschten Neuinterpretationen. Im Gegenteil, man erweckt so manch vergessene Nummer wie die B-Seite „Marry The Sea“ oder das über drei Jahrzehnte nicht mehr live gespielte „Shot 18“ neu zum Leben.

Man kann am Ende der zwei Stunden also genauso applaudieren, wie die in Berlin Anwesenden, die es am Ende des Konzerts wohl nicht mehr auf den Sitzen gehalten haben dürfte, wenn man die Publikumsreaktionen speziell bei den Evergreens „Purity“ und „Vagabonds“ zum Maßstab nimmt.

Eine starke Veröffentlichung – egal auf Tonträger oder audiovisuell auf DVD!

 

Trackliste:
1. Overture
2. Devil’s Bargain
3. Devil
4. Innocence
5. Winter
6. March In September
7. 1984
8. Orange Tree Roads
9. Marry The Sea
10. Ocean Rising
11. Ballad
12. Passing Through
13. Guessing
14. Too Close To The Sun
15. Lullaby
16. Did You Make It Safe?
17. Shot 18
18. Purity
19. Vagabonds
20. Green and Grey
21. Wonderful Way To Go

 

 

Photo: Copyright arMUSIC / Credit Jochen-Melchior

 

4.5