Movietone – Peel Sessions (Textile/Drag City 28.01.2022)

Movietone entstammen der 1990er Bristol-Szene und waren so etwas wie eine Superband. Die Mitmusiker von Sängerin Kate Wright gehörten nämlich Bands wie Flying Saucers Attack, Third Eye Foundation, Crescent und anderen an.

Aber leider blieb der ganz große Durchbruch der Band trotz ihrer fantastischen und durchaus extravaganten Musik verwehrt.

Verortet sind Movietone klar im Postrock, und da liegen sie irgendwo im Bereich der ruhigeren Stücke der späten Talk Talk. Die “Peel Sessions”, die nun auf diesem Album zusammengefasst wurden, entstammen den Jahren 1994 – 1997 und beinhalten Material, das bisher nur ein einziges Mal im Radio gelaufen ist und seitdem nirgendwo mehr erhältlich wahr.

Doch nun zur Musik, und da wird es schwierig, denn diesen spannenden Sound kann man mit Worten kaum beschreiben. Mit Talk Talk habe ich bereits eine Koordinate genannt. Diese betrifft jedoch mehr die Herangehensweise. Viele Stücke bauen auf eher sporadisches Jazzschlagzeug und gleichartige Perkussion. Über diese perlen spärliche Melodien, gespielt auf Akustikgitarre, aber auch mal Klarinette oder Piano.

Häufig wird dieser Sound auch mit weiteren Gitarrensounds angereichert und Wall-of-Sound-Klänge wabern durch die Luft. Und in den Outros oder auch anstelle von Soli setzen mal kakophonische Sounds, die an Contemporary-Musik erinnert, ein. Aber alles wohl dosiert und perfekt platziert.

Dann gibt es auch Stücke wie „The Voice Came Out Of The Box and Dropped Into The Ocean“, das mit seinem Country angehauchten Gitarrenspiel, der sanften Klarinette, dem gehauchten Gesang und seinen ganzen Stimmungsvollen Soundeffekten einfach nur eine wunderbare Postrock-Ballade mit Popappeal ist. Aber halt: auch hier wummern Walls-of-Sound im Untergrund und kratzen manche Klänge an der Idyllischen Grundstimmung.

Davor kracht hingegen „Stone“ mit brachialer Noiserock-, vielleicht auch eher Jamrock-Attitüde durch die Boxen. Spuren von Punk sind auch zu vernehmen und es tut auch manchmal etwas weh. So muss das aber auch sein.

„Chocolate Grinder“ vereint dann flirrende Elektronik, Klarinettenklänge, schräge Synths mit einer traumwandlerischen Melodieführung und psychedelischer Mystik zu einer herrlichen Popperle. Das Poppige kommt aus dem Zusammenspielt des eher jazzigen Bassspiels, der darüber liegenden Klarinette und den schwummerigen Keyboards. Prächtiges Stück Musik.

Auch „Summer“ bleibt stimmungsvoll, ja anfangs sogar unheilvoll und gar nicht sommerlich. Hier kommen Talk Talk durhaus hervor. Das dunkle Pianospiel, die feingesponnene Melodie. Das wird umrankt von Gitarrentönen, die wie angehaucht klingen. Und dann diese Melodie, die so wundervoll und langsam erklingt, majestätisch und doch zart. Zerbrechlich und doch stark.

Eigentlich reiht sich hier Perle an Perle, Meisterwerk an Meisterwerk und so wird eine große, aber leider großteils übersehene Postrock-Band mit diesem Album gewürdigt – besser würdigt sie sich selbst, mit diesen grandiosen Liveaufführungen solch ausgefeilter und fantastischer Songs.

Ein Meisterwerk des Postrocks. Punkt.

 

Trackliste:

  1. Mono Valley
  2. Heatwave Pavement
  3. Darkness Blue Glow
  4. Stone
  5. The Voice Came Out Of The Box and Dropped Into The Ocean
  6. Blank Like Snow
  7. Chocolate Grinder
  8. Summer
  9. Hydra
  10. The Blossom Filled Streets
  11. Facing West From California’s Shores

 

https://textilerecords.bandcamp.com/album/movietone-peel-sessions-1994-1997

https://en.wikipedia.org/wiki/Movietone_(band)

 

Bilder (C) Movietone (C) Textile
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