Yucatan – Uwch Gopa’r Mynydd (Stargazer/Broken Silence, 15.07.2016)

Eine Zielgruppe rund um Postrock-Giganten wie Sigur Rós oder Mogwai, die Wahl einer recht selten vertretenen Sprache  und ein sehr naturbetontes Artwork. Vielversprechend ist der Release des walisischen Quartetts, das in der traditionellen Sprache des Landes singt, in jedem Fall. Nachdem aber große Erwartungen geweckt und ein gewisses Interesse generiert wurden, ist das wirklich Spannende aber wohl, ob Yucatan auch allem gerecht werden und die Erwartungen erfüllen können.

Eine Antwort lässt sich hier, wie vermutet, kaum in einem simplen Ja oder Nein finden. Die Platte weiß vor allen Dingen dann zu überzeugen, wenn man mit den richtigen Erwartungen an sie herantritt. Es dürfte außer Frage stehen, dass Koryphäen wie Sigur Rós oder Mogwai in ihrer Form so einzigartig und unerreichbar sind, dass es wenig Sinn macht, sich an etwas Derartigem zu messen. Es geht einzig um die Beschreibung einer Grundidee einer Klangästhetik, nicht mehr und nicht weniger. Der Anspruch ist ein eigener, die Vergleiche sollten lediglich auditive Orientierungsbojen bleiben.

Was eine Art mystische Atmosphäre angeht, wie sie vor allen Dingen Sigur Rós in der Lage sind, zu kreieren, funktioniert Walisisch ähnlich gut wie Isländisch. Diese, im kollektiven Gedächtnis moderner Europäer weitgehend vergessene, alte, keltische Sprache, umschwingt in der Tat eine ähnliche Mystik, die eine perfekte Verbindung mit der Musik des Quartetts schafft. Dabei geht es jedoch nicht ganz so ätherisch, ausladend, unvorhersehbar und zeitweilens sperrig zu, wie bei den isländischen Kollegen. Wenn man als Hörer den Vergleich in diese Gefilden ziehen möchte, so kommt „Uwch Gopa’r Mynydd“ noch am ehesten an Sigur Rós‘ stark Indie- und Folklastiges, popdurchströmtes Werk „Með Suð Í Eyrum Við Spilum Endalaust“ heran.

Noch treffender wäre vielleicht der Vergleich zu der ebenfalls isländischen Formation Lockerbie, die eine ähnlich verträumte, melancholische Klangwelt auf einem, zumindest in rudimentären Teilen, Indie-Folk-Gerüst aufbauen. Denn bei aller Exotik der Sprache und streckenweiser träumerischen Feierlichkeit der Waliser lässt sich eine gewisse Poppigkeit im Songwriting kaum abstreiten. Hier hört man recht deutlich, dass die Herangehensweise in vielen Songs wesentlich straighter, zielfokussierter und weniger ausladend ist als bei sämtlichen Größen des Postrock-Genres. Das führt auch dazu, dass, trotz aller mystischen Vorzeichen, eine gewisse Zugänglichkeit zu diesem Langspieler möglich wird.

Yucatan setzen, und das sehr gekonnt, auf die Instrumentation ihrer Stücke und die Verschmelzung von organischen und synthetischen Klängen. Orgel, Schlagzeug, ein sehr warm produzierter Bass und zeitweise mit Overdrive bestückte Gitarren vermischen sich hervorragend mit Streichern und Blasinstrumenten, die vor allen Dingen für die Weite des Klangbilds zuständig scheinen. Gleichzeitig bieten die Waliser jedoch immer wieder sehr eingängige Melodien, die auch schnell im Gehörgang hängen bleiben können, an, und orientieren sich so Richtung Underdog-Indie-Folk-Kollegen à la The Slow Show, Dry The River und Musée Mécanique.

So bieten die vier Waliser am Ende ein Album, das für Postrock-, Indie-, (Prog)Folk- und allgemein aufgeschlossene Musikfans etwas zu bieten hat und in der Lage ist, einige Brücken zu schlagen. Und das ist bei Weitem nicht leicht.

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01. Ffin
02. Cwm Llwm
03. Word Song
04. Halen Daear a Swn y Mor
05. Ochenaid
06. Llyn Tawelwch
07. Angharad
08. Uwch Gopa’r Mynydd

4.6