Krimi – s/t EP (DIY, 19.03.2020)

Ich kenne die Bielefelder Formation Krimi jetzt schon seit geraumer Zeit, um nicht zu sagen eigentlich seit Bandgründung. Ursprünglich als Quintett angetreten, sind von der Ursprungsbesetzung heute nur noch Bassist Sebastian und Gitarrist Fabian übrig.

Seitdem ist viel passiert. Zwischenzeitlich bestand die Formation aus vier Mitgliedern, jetzt sind sie wieder zu fünft und haben den mittlerweile dritten Hauptsänger am Mikrofon. Auch der Sound und vor allen Dingen die musikalische Qualität der Band haben sich über diese lange Entwicklungszeit verändert. Und das deutlich zum Guten. Vergleiche ich die Anfänge mit dem mir nun vorliegenden Material, ist es nicht gelogen, wenn ich sage, dass ich wirklich beeindruckt bin, was aus dieser Band geworden ist. Im aktuellen Line-Up scheint die Band endlich ihr musikalisches Zuhause gefunden zu haben.

Mein erster Impuls, als ich also diese neu aufgestellte Mannschaft vor einiger Zeit Live gehört habe, war, den Vergleich zu Deutschpunkbands der Couleur Frau Potz, Pascow oder Freiburg zu ziehen. Achtet man jedoch distinktiv auf die Kombination von Instrumentarium und Gesang und hierbei insbesondere auf die Phrasierungen, den Tonfall, Sprechmelodie und die gesamte Stimmfarbe, so erinnert viel an Turbostaat.

Mit dem Unterschied, dass sich die Husumer Genies im Laufe ihrer Bandgeschichte mehr in Richtung Post-Punk entwickelt haben. Krimis musikalisches Standbein ist aber ganz klar mehr im Sound der oben genannten Bands angesiedelt. Zusammenfassend könnte man sagen, Krimi klingen wie Turbostaat auf Steroiden.

Schlagzeug und Bass sind gelinde gesagt brachial, die zwei Gitarren gemäß Melodic-Hardcore-Punk-Konvention nach Kanal links und Kanal rechts aufgeteilt. Im internationalen Vergleich erinnert mich der Song „Alerta“ zum Beispiel auch stark an eine Mischung aus Lifetime, Grade und As Friends Rust. Melodischer Hardcore-Punk mit Spoken-Word-Rezitativ könnte man auch sagen. Aber man muss sich ja nun nicht zwingend festlegen.

Dachten sich auch die fünf Bielefelder. Denn die fünf Songs bieten Abwechslung: Vom sich langsam aufbauenden und hochschaukelnden Opener „Angst“ über das Nachdenkliche „Nichts ist perfekt“ inklusive weiblichem Sprachsample, „Bielefeld Mitte“, bei dem aus dem Nummernschild „Bi-TT-3“ eine Liebeserklärung an die lokale Musik- und Jugendkulturszene gemacht wurde und dem hymnischen „Alerta“ bis hin zum frustrierten, wütenden und druckvollen aber nicht minder melodischen Closer „Kultur“, der die verfehlte und erbärmliche Kulturpolitik des Landes anprangert und in einem furiosen Emotionsgewitter mit geshreddetem Gitarrenteppich endet.

Nicht nur die natürlich kurze Spieldauer einer EP, sondern auch ihr Inhalt sorgen für Kurzweil. Mehrfaches Anhören wird dringend empfohlen. Ostwestfälischer Hardcore-Punk hat gerade ein weiteres Aushängeschild hinzugewonnen.

01. Angst
02. Nichts ist perfekt
03. Bielefeld Mitte (BI-TT-3)
04. Alerta
05. Kultur

4.8