Gentle Giant – Free Hand [Steven Wilson Mix] (Alucard, 25.06.2021)

Neben den 70er-Giganten Yes, Genesis oder Emerson, Lake & Palmer sind die Briten Gentle Giant eigentlich mehr die zweite Garnitur des progressiven Rocks – zumindest in kommerzieller Hinsicht. Während man nie zu den Großverdienern zählte, hatte man doch einen gewissen Einfluss auf spätere Bands wie zum Beispiel Spock’s Beard oder Saga. Das macht Gentle Giant durchaus zu einem Kultact.

Gentle Giant waren aber immer schon sehr speziell – ich will nicht sagen nerdig oder kauzig – und progressiv im eigentlichen Wortsinne. Eine Band voller Multiinstrumentalisten und Sänger, der das typische Rockbandinstrumentarium bei weitem nicht ausreichte. Streicher, Bläser, Flöten, Xylo- sowie Vibraphon und so manches mehr hatte einen festen Platz in der Musik. Und jene war alles andere als 08/15. Sprunghafte Melodien und schräge Rhythmen, beides nicht selten gegenläufig aufeinander abgestimmt, Zitate aus mehreren Epochen der klassischen, manchmal auch mittelalterlichen Musik, jazzige Ausflüge, dazu dichte Vokalharmonien. Hier entspricht nichts der Norm! Anstrengend, das ist ihre Musik für Neulinge durchaus. Aber auch grandios versponnen, aber komplett ohne Pathos oder übertriebenen Bombast. Meist sind ihre Songs auch in fünf Minuten durch.

In den letzten Jahren nahm sich der „Artock-Superstar“ Steven Wilson bereits mehrere Alben der Band vor und mischte sie generalüberholt neu ab. Jetzt ist ihre siebte Platte „Free Hand“ an der Reihe. Das rund 37 Minuten dauernde Werk stand am Ende der stärksten Gentle-Giant-Epoche zwischen 1972 und 75 und zeigt die Band damit voll im Saft stehend.

Und die alten Songs klingen in dem neuen Mix wirklich toll! Die Nummern wurden entstaubt und wirken erstaunlich frisch, ohne dass sie verfälscht rüberkommen. Dadurch kann man noch viel mehr in den wirren Kosmos des Quintetts eintauchen. Egal ob es das Fingerschnippen von „Just The Same“ ist, welches lässig in einen coolen Rocktrack überführt wird, die wahnsinnigen, nicht mehr zu toppenden Vokalharmonien von „On Reflection“ oder die Renaissance-Elemente von „Tylbont“. Trotz all dem musikalischen Hochleistungssport sind ein paar Tracks regelrecht eingängig. Zum Beispiel der verspielte, wirklich rockige Titeltrack oder die feinfühlige Ballade „His Last Voyage“

Gentle Giant haben auf „Free Hand“ jedenfalls einiges zu bieten das sich auch heute noch zu entdecken lohnt!

Und wer davon nicht genug bekommen kann, greift zu Version vom Blue-ray. Hier bekommt man mehrere Versionen des “Steven Wilson Mixes” (u.a. Dolby Atmos und rein instrumental) sowie den Originalen Album-Mix oder den Quad-Mix von 1975.

 

Trackliste:
1. Just The Same
2. On Reflection
3. Freehand
4. Time To Kill
5. His Last Voyage
6. Talybont
7. Mobile

 

4.5