Der Feine Herr Soundso – Wann, wenn nicht irgendwann? (Bakraufarfita Records/Broken Silence, 19.02.2021)

Neuen heißen Scheiß gibt es von den vier Hamburger Punks von Der Feine Herr Soundso – okay, eigentlich sollte das Debüt-Album „Wann, wenn nicht irgendwann?“ schon vor gut einem halben Jahr heraus kommen, aber bekanntermassen hatte da ja ein bestimmter Virus irgendwie etwas dagegen.

Liebenswürdigerweise hat mich der gute Bernd, den ich schon aus den glorreichen Tagen mit Spandau im Rattenloch Schwerte kenne und der mir seitdem immer Mal wieder musikalisch über den Weg läuft (so zuletzt geschehen beim Gig der Spandauer beim Wir Sind Lauter im Kliemannsland), auf die neue LP aufmerksam gemacht – ganz uneigennützig, ist er doch bei Der Feine Herr Soundso an der Gitarre zu finden 😉

Da die erste EP „Beweisstück A“ schon eine gute Weile draußen ist, wurde es nun dringend Zeit das Der Feine Herr Soundso endlich auch einen kompletten Longplayer auf den Tisch legen – und wie auch der drei Jahre alte Bruder, haut einem „Wann, wenn nicht irgendwann?“ lupenreine Punksongs um die Ohren, die nur so vor Sozialkritik und politischen Aussagen strotzen. Die Zeit von Kuschelrock-LP´s ist ja bekanntlich (dank dem ganzen Scheiß um uns herum) auch schon lange vorbei, oder?!

Schon mit der ersten Nummer „RAL 8019“ wird mit diesen Möchtegern-Volks-Toitschen abgerechnet, die ihren Stolz in dämlichen Songtexten verwursten und ein schäbbiges Grau zu ihrer Farbe machen. Mit erhobenen Zeigefingern durch die Welt ziehen kann jeder, aber Selbstreflektion ala „Brot & Böller“ könnte so manchem gut tun – und wenn wir auch alle an einem Strang ziehen sollten, „Dein Krieg“ ist nicht unser Krieg… am Ende verlieren wir aber dann doch alle gemeinsam!

Auch wenn der nächste Titel auf den ersten Blick nur „Firlefanz“ verspricht, so wird hier rigoros und schonungslos mit der Religion abgerechnet… denn schon Karl Marx sagte 1843, dass Religion „das Opium des Volkes“ sei. Aber Der Feine Herr Soundso sind nicht nur Anti-Alles-Für-Immer, nein sie können auch „Danke“ sagen – für all die geheuchelte Anteilnahme, für das Mitleid, für die guten Ratschläge… da sagen wir doch gemeinsam einfach alle einmal „Danke“!

Hätte ich immer so weiter gemacht wie früher, dann wäre ich vielleicht auch einer der in „Antitüde“ beschriebenen Altpunker, aber spätestens als der in „Hottest Chicks in Punk“ beschriebene Sexismus Einzug gehalten hatte war für mich der Drops gelutscht – nur im Kopf bleibt man trotz alledem eh „Für immer Punk…!“.

Was vom Titel her mit „Kalsarikännit“ nach finnischer Entspannung und ruhiger Idylle klingt, soll uns eher dazu animieren endlich den Arsch hoch zu kriegen und die Uhr von 5 nach, auf 5 vor 12 zurück zu drehen. Bevor der Letzte das Licht ausmacht, können wir doch kurz nochmal Gas geben – wir wissen zwar nicht wofür, aber lass trotzdem machen! Denn die Vergangenheit war mal und lässt sich eh nicht mehr ändern, Der Feine Herr Soundso beschäftigen sich in „VSV“ damit und beleuchten danach direkt in „YOGTZE“ noch kurz den ominösen Todesfall des Günther Stoll, der bisher nicht aufgeklärt werden konnte und einen mit einer gewissen Gänsehaut zurück lässt.

Bevor man sich gemeinsam auf den Weg nach „Eppendorf“ macht, wo man zwar nichts gegen Refugees an sich hat, aber sie dann doch lieber nicht unbedingt in der Nachbarschaft haben möchte, geht es den Grabschern und Sexisten mit einem ordentlichen und schnellen „Karate“-Sprung an die Pelle.

Und wenn man einmal dabei ist, dann kann man das Album doch eigentlich auch mit den „Sekunden bis zum Donner“ abschließen – der globale Rechtsruck zeigt schließlich aktuell immer mehr seine hässliche Fratze und lässt die Rattenfänger nicht erst wieder seit der Pandemie aufmarschieren und dämliches Kanonenfutter in menschlicher Gestalt suchen, oder?!

Also mich überzeugen die Hamburger mit „Wann, wenn nicht irgendwann?“ auf jeden Fall – auch, oder besonders wegen der Tatsache, dass sie nicht um den heißen Brei herum reden und schonungslos dahin hauen, wo es garantiert weh tut. Deshalb langt zu, es gibt reichlich…

… das gute Stück erscheint nämlich als 12“-Vinyl (in Weiß, transparent, oder auch Orange) + CD und Downloadcode, sowie als Stream & Download. Somit könnt ihr euch „Wann, wenn nicht irgendwann?“ quasi rund um die Uhr und an allen Orten der Welt anhören – na wenn das mal nix ist, oder?!

 

Titel:
01. RAL 8019
02. Brot & Böller
03. Dein Krieg
04. Firlefanz
05. Danke
06. Antitüde
07. Hottest Chicks in Punk
08. Kalsarikännit
09. VSV
10. YOGTZE
11. Karate
12. Eppendorf
13. Sekunden bis zum Donner

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4.2