Wucan – Heretic Tongues (Sonic Attack Records, 20.05.2022)

Meine Herren, was ist denn das für ein Knaller?! Mit ihrem neuen Album „Heretic Tongues“ haben mich die vier Dresdener*innen Wucan ganz schön weggeblasen. War schon der Vorgänger „Reap The Storm“ (2017) ein amtlicher Kracher, hat man hier an den richtigen Stellschrauben gedreht und noch eine Schippe draufgelegt.

Nach wie vor bietet die Band herrlich zeitlose Rockmusik. Von Kritikern als „retro“ verspottet. Aber ist es Fehler sich an bestehenden Tugenden zu orientieren, wenn man so herrlich frisch und vor allem lebendig, voller Leidenschaft zu Werke geht? Wohl kaum. Vor allem, wenn man sich mit seinem herrlich räudigen, fast schon ungehobelten Klangbild als bodenständiger Gegenpol zu geschliffenen Digitalsounds zeigt.

Hier knirscht und dampft es, wenn Wucan aufspielen. Ohne Umschweife stürzt man sich mit dem rassigen „Kill The King“ schwer losrockend bis aggressiv ins Getümmel. Das folgende „Don’t Break The Oath“ brennt mit seinem großen Mitgröl-Refrain sogar noch mehr. Die meiste Aufregung kann dabei durchaus Frontfrau Francis Tobolsky hervorrufen, die sich nicht nur als höchst emotionale Sängerin zwischen Blumenmädchen, Rockfurie oder in bester Nina-Hagen-Exzentrik, sondern auch als Flötistin zeigt. Trotzdem wäre sie nichts, würden drei Männer neben ihr die Songs nicht so eindringlich untermalen.

Und mit Dringlichkeit schieben sich nicht nur diese beiden Stücke nach vorne. Auch in textlicher Hinsicht gibt man sich deutlich wie nie, so dass man sich nicht zuletzt wie bei „Fette Deutsche“ der Muttersprache bemächtigt, was die Musik von Wucan ein Stück kauziger klingen lässt und von britischen bzw. amerikanischen Vorbildern entfernt.

Nicht zuletzt zollt man den eigenen Wurzeln Tribut und coverte von den Ostrockern Klaus Renft Combo „Zwischen Liebe und Zorn“, was sich wiederum zum echten Highlight dieses spannenden Albums mausert, das mit dem Doppelschlag „Far And Beyond“ und „Physical Boundaries“ auch etwas weiter ausgelegte Nummern zu bieten hat, die auch mal etwas psychedelische bzw. Krautrock-Luft schnuppern lassen.

Beide Daumen fett nach oben – bei Wucan spielt die Musik!

 

Trackliste:
1. Kill The King
2. Don`t Break The Oath
3. Fette Deutsche
4. Far And Beyond
5. Far And Beyond (Until We Meet Again)
6. Zwischen Liebe Und Zorn
7. Physical Boundaries

 

 

Photo-Credit: Joe Dilworth

 

4.7