In der ersten Ausgabe von „Where We Practice“ geben uns die Indie-Punks Schmutzki eine Führung durch ihren Proberaum in Stuttgart und erzählen, wieso er für sie ein Arbeitsplatz wie jeder andere ist – trotz aktueller Party-Punk-Platte „Mehr Rotz als Verstand“.
Willkommen in unserem Proberaum! Setzt dich doch… ups… es gibt nichts zum Sitzen, tut uns leid. Denn dieser Raum ist ein reiner Zweckraum. Wir kommen hier her, wenn es sein muss, und gehen, wenn unsere Arbeit erledigt ist. Hier wird geprobt, geplant, gestritten, eingepackt und ausgeladen. Denn das sind die Geschäftsräume unserer kleinen Firma Schmutzki und wie jeder arbeitende Mensch, sind wir froh, wenn wir möglichst selten hier sein müssen!
Ja, unser Proberaum ist weder groß, noch schön, noch in irgendeiner anderen Art spektakulär. Es hängen keine Bilder von unseren Idolen an der Wand, keine Plakate unserer ersten Konzerte, nicht mal ein schönes altes Sofa, denn: Hier ist kein Platz für Devotionalien! Auf 20 Quadratmetern müssen 2 Drumsets, 6 Gitarren, 5 Verstärker, eine Gesangsanlage und etwa 50 Kartons mit T-Shirts gelagert werden. Da ist nicht einmal wirklich Platz für leere Bierflaschen…
In unserer Fantasie sind Proberäume ja etwas Mystisches. Sie sind irgendwo versteckt in den Katakomben von alten Luftschutzbunkern, ehemaligen Kasernen oder verlassen Industriegebäuden. Das war vielleicht früher einmal, wo schicke Loft-Büros noch nicht angesagt waren und das Bauamt noch ein paar Augen zugekniffen hat, angesichts modernder Betonruinen. Heute probt man in der Regel in stinklangweiligen Gewerberäumen. Neben Handwerkern, Kleingewerben oder wie in unserem Fall neben einem Fanclub des türkischen Fussballvereins Beşiktaş.
Neben einer der vielbefahrendsten, lautesten und stinkendsten Straßen Stuttgarts zu proben hat einen entscheidenden Vorteil: Man kann mit offenem Fenster üben! Nach Jahrzenten der stickigen Kellerräume und verschimmelten Verschläge, ist dieser Umstand sicherlich der große Pluspunkt unseres Raums. Selbst mitten in der Nacht ist die Bundesstrasse so unfassbar laut, dass eine Band im Vergleich geradezu lächerlich leise ist.
Das ästhetische Highlight unseres Proberaums ist sicherlich der rote, uralte und liebevoll versiffte Teppichboden. Denn auch wenn unser Raum nicht viel Romantik zu bieten hat, ist er immerhin eines nicht: Neu! Neue, frisch renovierte, oder noch schlimmer: neugebaute Proberäume sind nämlich etwas, was jeglichen Punk-Vibe sofort vertreibt. Ähnlich wie bei Gitarren, muss ein Proberaum eine Geschichte haben. Und davon stecken jede Menge in unserem roten Teppich!
Schmutzkis neues Album „Mehr Rotz als Verstand“ erschien diesen Monat über das bandeigene Label BÄM Records.