Warrel Dane – Shadow Work (Century Media, 26.10.2018)

Am 13. Dezember 2017 verlor die Metalwelt eine ihrer charismatischsten und markantesten Stimmen: Warrel Dane, Frontmann von Nevermore und Sanctuary. Tragisch vielleicht. Doch die wahre Tragik seines Verfalls begann schon Jahre vorher. Gezeichnet durch Krankheit und dem Genuss von so manchem Rauschmittel, war der Mann in den letzten Monaten seines Lebens nur noch ein Schatten seiner selbst.

Als er verschied, weilte er gerade in Brasilien, um mit ein paar jungen, dort ansässigen Musikern ein zweites Soloalbum aufzunehmen. Leider konnte er es nicht vollenden. Zumindest von acht Stücken waren Gesangsspuren zu den Instrumentaltracks vorhanden. Danes Plattenfirma Century Media hat sich entschlossen seine letzte Musik als Album zu veröffentlichen. Und die Entscheidung war eine gute, denn es wäre schade gewesen, hätten die Nummern in irgendeinen Archiv vor sich hin gegammelt.

„Shadow Work“ ist definitiv ein härteres Brett als das vor zehn Jahren veröffentlichte „Praises To The War Machine“. Über weite Strecken dockt es sogar direkt am letzten Nevermore-Album „The Obsidian Conspiracy“ an. Das harte, verschachtelte Riffing könnte fast von einem Jeff Loomis sein, auch wenn die beiden Gitarristen Thiago Oliveira und Johnny Moraes bei weitem nicht dessen Einfallsreichtum und Klasse besitzen und etwas zu gleichförmig vor sich hinschrubben. Das Klangbild passt aber, die Songs funktionieren meist nach der Formel: moderne, tiefergelegte Gitarren mit leicht progressivem Anspruch, düstere Strophen, melodisch angehauchter Refrain und, um die Dynamik zu steigern, noch etwas massives Getöse. Gute Beispiele sind „Madame Satan“ oder das kalte und garstige „Disconnection“. „As Fast As The Others“ wird mit Chören noch etwas größer angefüttert.

Im ganzen Taumel kann sich Warrel Danes Stimme besonders in den Strophen nicht so stark durchsetzen, bzw. klingt er reichlich brüchig. Ob es an seinem physischen Zustand liegt oder daran, dass teilweise unfertige Demo-Gesänge verwendet wurden, lässt sich nicht so einfach sagen. Es fällt aber nicht derart schwer ins Gewicht, dass man sich davon vergrault fühlt. In den Refrains und vor allem bei den ruhigeren Songs spielt der Sänger dafür seine emotionale Trumpfkarte aus. Besonders gut zu hören im melancholischen „Rain“. Bester Song der Platte und genau das, was man sich erhofft hatte.

Der Titel steht in der Mitte eines abschließenden Tryptikons, welches der Platte noch einmal richtig Zunder gibt – eingerahmt von der eigenwillig interpretierten The-Cure-Nummer „The Hanging Garden“ und dem epischen, fast zehnminütigen „Mother Is The Word For God“. Jenes führt noch einmal alle Fäden zusammen und ist ein wirklich starker Abschied eines großen Musikers.

Danke, dass wir dich noch einen hören durften, Warrel!

 

Trackliste:
1. Ethereal Blessing
2. Madame Satan
3. Disconnection System
4. As Fast as the Others
5. Shadow Work
6. The Hanging Garden
7. Rain
8. Mother Is the Word for God

 

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