The White Birch – Star Is Just A Sun (Glitterhouse, 04.12.2015)

„Star Is Just A Sun“ war 2002 das dritte Studioalbum von The White Birch. Die Band aus Oslo bestand zu diesem Zeitpunkt aus einem Trio und ihr Label Glitterhouse veröffentlichte die knapp 45 Minuten lange Platte damals nur auf CD. Da die Compact Disc aber im Jahr 2016 ihrem absehbaren Ende entgegenblickt, und das Medium Vinyl eine gewaltige Renaissance feiert, hat sich Glitterhouse zu einem längst überfälligen Schritt entschieden, und „Star Is Just A Sun“ zum ersten Mal auf Schallplatte verfügbar gemacht.

Das gibt jüngeren Generationen von Hörern (wie mir) die Chance, sich nachträglich mit diesem Eckpfeiler des Slowcore-Genres auseinanderzusetzen. Zusätzlich haben Vinyl-Fans nun die Möglichkeit, das Album endlich analog genießen zu können. Mir war die Band bis zum Release des aktuellen Albums „The Weight Of Spring“ (Glitterhouse, 27.02.2015) nicht bekannt und mit dem Slowcore-Genre hatte ich lediglich über die (ebenfalls bei Glitterhouse unter Vertrag stehende) Band Spain aus Los Angeles Bekanntschaft gemacht. Diese jedoch sind dem Blues-Rock sehr verwandt, während The White Birch doch deutlich anders klingen.

Die teilweise fast schon ätherischen Klanglandschaften von Ola Fløttum, der die Band mittlerweile praktisch als Solo-Projekt betreibt, erinnern vielmehr an Postrock-Veteranen wie Sigur Rós aus Island oder die Schotten von Mogwai. Ähnlich wie bei ihren Postrockverwandten lebt die Musik von The White Birch viel von Atmosphäre und einer speziellen Stimmung

Den Norwegern gelingt auf „Star Is Just A Sun“ das Kunststück, dabei weder pompös, pathetisch oder prätentiös zu klingen. Die Atmosphäre auf dieser Platte ist organisch, ungekünstelt, pur, endlos traurig, und doch so voller Hoffnung. Eine solche Stimmung auf einen Tonträger zu bannen ist eine immens beachtliche Leistung.

Hinzu kommt, dass diese wunderschöne Atmosphäre von der ersten Sekunde des Albums an besteht. Die Norweger wählen dabei einen perfekten Aufbau. Der kurze, instrumentale Opener „Air“ setzt still und unaufdringlich die Grundstimmung des gesamten Albums. Und das in gerade mal knapp zweieinhalb Minuten. Ein fließender Übergang führt daraufhin zum ersten Höhepunkt der Platte. In „Breathe“ bekommt der Hörer zum ersten Mal Fløttums  feierlichen, fragilen Gesang zu hören. Der Titel bleibt unweigerlich im Ohr hängen, ohne dabei gefällig oder bieder zu erscheinen.

Einzig der Song „Beauty King“ hebt das, ansonsten sehr ruhige Tempo der Platte leicht an, und sorgt auf der Hälfte der Spielzeit für eine willkommene Abwechslung. Zwei Stücke weiter findet sich mit „Riot“ ein weiterer, erstaunlich eingängiger Song, der dadurch jedoch keinesfalls an Atmosphäre einbüßt. Am Ende des Albums wartet mit „Atlantis“ noch einmal eine letzte Variation von hoffnungsvoll-erhabener Traurigkeit auf, getragen durch minimalistische Instrumentierung und Fløttums unverwechselbarer Stimme, der eine stille Trauer innewohnt.

Am Schluss bleibt nur zu sagen: Ein Vinyl-Reissue dieser Platte war lange überfällig und ist neben dem Signing von Die Nerven, von dessen Platte wir begeistert waren, ein weiterer Geniestreich aus dem Glitterhouse, auch wenn im Fall von „Star Is Just A Sun“ das Medienecho (unverdienter Weise) wesentlich kleiner ausfällt.

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