The Pogues – If I Should Fall from Grace with God (Island Records, 18.01.1988)

Es ist “Handwritten Classics”-Tag und ich darf mir endlich auch mal wieder ein Album vornehmen, welches einen besonderen und dauerhaften Platz in meinem Musik-Herzen gefunden hat.

Heute soll es um das 1988er THE POGUES-Album “If I Should Fall from Grace with God” gehen, auf welches ich zwar erst gut 1 1/2 Jahre später aufmerksam wurde, welches mich aber seitdem immer wieder zu den Briten und ihrem völlig abgerockten – oder besser gesagt abgewrackten – Sänger Shane MacGowan führte.

Das besagter MacGowen noch unter den Lebenden ist grenzt an ein Wunder, denn nach den unzähligen Hektolitern Whiskey, die er während seiner bisherigen Musikerkarriere vernichtet hat, war es quasi eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann es ihn hinraffen würde. Aber nichts dergleichen ist bisher geschehen, denn selbst Präparatoren legen Körper zum dauerhaften “Haltbarmachen” in Alkohol ein… Shane hat das Ganze scheinbar einfach falsch herum verstanden! 😉

Aber nun zurück zur Band und zum Album…

Anfang der 80er gründeten sich THE POGUES in London und wurden mit ihrem Stil zu den Begründern des Irish-Folk-Punk. Nachdem die erste Scheibe “Red Roses For Me” 1984 noch nicht ganz so einschlug, ging es danach aber karrieremäßig schnell bergauf und schon ein Jahr später wurde “Rum, Sodomy & the Lash” bereits massiv abgefeiert… das Cover von “Dirty Old Town” und die abgefahrenen Version von “And the Band Played Waltzing Matilda” fanden schnell begeisterte Fans.

Schon 1988 wurden dann mit “If I Should Fall from Grace with God” der Höhepunkt der gemeinsamen Bandkarriere erreicht, der dritte Platz der britischen Albumcharts konnte danach nie wieder erreicht werden.

Mir fiel das Album während meiner Ausbildung zum Brauer in Dortmund in die Hände und mögen – bezüglich des Konsums von vernebelnden Getränken – auch so einige Parallelen da gewesen sein, so habe ich den irischen Whiskey immer mehr genossen als ihn zu vernichten und ich habe den Genuss der “einen oder anderen” Gerstenkaltschale immer bevorzugt!

Es muss so gegen kurz vor Weihnachten 1989 gewesen sein, als ein damaliger Brauer-Kollege mit der Scheibe um die Ecke kam und mir als erstes “Fiesta” vorspielte. Sechs Bierchen und vier Rotationen der LP später lagen wir uns dann rotzig grölend in den Armen und sangen in schlechtem Englisch alles nach, was wir in unserem angeschlagenen Zustand noch an Vokabeln aufschnappen konnten – nicht, dsas es besonders schlimm gewesen wäre, sang der damals schon vom Alkohol gezeichnete Shane doch mindestens genauso gut bzw. schlecht wie wir 😉

Ob es nun die erste Nummer bzw. also der Titelsong “If I Should Fall from Grace with God” sein sollte, oder auch das abgefahrene “Turkish Song of the Damned“, welches zwischen orientalischen und irischen Klängen hin und her switchte – ungelogen, sowas geiles hatte ich vorher noch nie gehört und die POGUES hatten ab dem Moment einen weiteren durchgeknallten Fan mehr!

Überhaupt hat mich das Album von Beginn an durch die vielen Stilmixe begeistert – ob es nun spanische Gitarren oder besagte orientalische Klänge waren – welches die Band mit Mandoline (Terry Woods), Banjo, Bass (erstmals mit Darryl Hunt) Gitarre und allerlei Gebläse zu einer abgedrehten aber auch runden Sache machte.

Auch die Sauf-Hymne “Bottle of Smoke” hat ihre Berechtigung und im Nachhinein wundert es mich, wie viele geile Songs auf dem Album zu finden sind – die Scheibe ist wirklich mit Abstand die beste Veröffentlichung der Folk-Punks… da lasse ich auch gar keine andere Meinung zu! 😉

Passend zum damals anstehenden Weihnachtsfest traf mich dann “Fairytale of New York” wie ein Schlag ins Gesicht und unzählige Medien erklärten das Stück zum “besten Weihnachtslied aller Zeiten”. Und womit…? Mit Recht!

Die Kombination der versoffenen Stimme von Shane MacGowan und der wunderbaren Stimme der – durch einem ominösen Badeunfall 2000 – leider viel zu früh verstorbenen Kirsty MacColl bringen mir beim Hören immer noch regelmäßig eine “Gänsepelle”… jetzt übrigens schon wieder!

Nach der Insturmentalnummer “Metropolis” besingen die Briten in “Thousands Are Sailing” die Probleme und Schwierigkeiten, welche im vorletzten Jahrhundert bei der Auswanderung der Iren nach Amerika entstanden – vielleicht wurden sie daher irrtümlicherweise häufig selber für Iren gehalten?!

Nach dem Ausflug nach “South Australia” und dem bereits erwähnten bzw. lautstark abgefeierten “Fiesta” gönnen uns THE POGUES das traditionell in der Geschichte verankerte Medley “The Recruiting Sergeant/The Rocky Road to Dublin/The Galway Races“, welches mir zum ersten Mal die irische Musik und das Interesse für die Grüne Insel näher brachte – zugegebenermaßen hielt ich die Jungs damals übrigens auch noch für Iren 😉   (Du bist nicht der Einzige! – Anm.d.Red.)

Und wo man dann einmal bei Medleys ist, da passt “Streets Of Sorrow/Birmingham Six” doch genau rein… auch, oder besonders weil sich beide Songs um den Nordirlandkonflikt und die IRA drehen. Neben “Lullaby of London” und dem – gemeinsam mit “South Australia” nur auf der CD enthaltenen – “The Battle March Medley” kann ich mich auch immer noch, bzw. immer wieder für “Sit Down by the Fire” begeistern… das mag hier vielleicht an den traditionellen Instrumenten und der Nähe zum Irish-Folk liegen!?

Mit “The Broad Majestic Shannon” packt mit Shane dann nochmal richtig und diese kleine “Seefahrer-Hymne” hätte von niemand anderem besungen werden dürfen – hätte ich mir für meine Beerdigung (in hoffentlich erst 50 bis 60 Jahren) nicht schon vor langer Zeit “Riders on the Storm” von den DOORS ausgesucht, diese Nummer hier würde ganz knapp da hinter stehen!

Beendet wird das Album dann mit der wirschen Nummer “Worms“, welche die Herren sich gerne hätten schenken dürfen!

Trotzdem ist und bleibt “If I Should Fall from Grace with God” eines meiner Lieblingsalben der POGUES und ohne die Scheibe hätte ich niemals meine Liebe für Irland, für traditionelle irische Musik, für irischen Whiskey und für den Folk-Punk entdeckt… ewiger Dank sei mit euch! 😉

 

Irgendwie war aber nach dem Album dauerhaft der bereits besungene “Wurm” drin,  denn schon die Nachfolge-Scheibe “Hell’s Ditch” konnte nicht mehr überzeugen und auch wenn sich THE POGUES nach dem alkoholbedingten Rauswurf von Shane MacGowan (der später als Shane MacGowan and the Popes wieder aktiv wurde) und dem Ersatz durch The Clashs Ex-Sänger Joe Strummer noch einmal ein wenig berappelten – die Fans akzeptierten Strummer nie wirklich als legitimen Nachfolger.

Nach den beiden letzten offiziellen Studioalben „Waiting for Herb“ (1993) und “Pogue Mahone” (1995) war klar, dass niemand dauerhaft MacGowan ersetzten konnte und nachdem sich die Band bereits durch diverse Abwanderungen in der Auflösung befand, wurde ein Jahr später der Schlussstrich gezogen und die POGUES existierten offiziell bis 2001 nicht mehr.

 

Ab 2001 gab es dann wieder vermert Aktivitäten, um einen Großteil der Urbesetzung (inkl. Shane MacGowan), die sich aber auf kleine Touren auf der Insel, in Japan und in den USA beschränkte… erst 2010 kam die Band dann auch wieder nach Deutschland. Nach einigen weiteren Touren wurde es jedoch nach dem Tod des Gründungsmitgliedes und Gitarristen Philip Chevron im Oktober 2013 erneut ruhig um die Band und die POGUES sind mittlerweile offiziell seit drei Jahren Geschichte…

…schaut man sich den immer schlechter werdenden Gesundheitszustand von Shane an, dann ist wohl leider nicht mehr davon auszugehen, dass man in Zukunft nochmal etwas von den Briten hören wird!

 

Titel:
1. If I Should Fall from Grace with God
2. Turkish Song of the Damned
3. Bottle of Smoke
4. Fairytale of New York
5. Metropolis
6. Thousands Are Sailing
7. South Australia
8. Fiesta
9. Medley: The Recruiting Sergeant/The Rocky Road to Dublin/The Galway Races
10. Streets of Sorrow/Birmingham Six
11. Lullaby of London
12. The Battle March Medley
13. Sit Down by the Fire
14. The Broad Majestic Shannon
15. Worms

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