Eigentlich habe ich immer gedacht, dass wenn einer der beiden verbliebenen Gründungsmitglieder der Legendary Pink Dots selbige verlässt, der Schlusspunkt der seit 1980 unentwegt aktiven Band ist. Doch auch nachdem Phil „The Silvermn“ Knight nach dem 2022 erschienenen letzten Album „The Museum of Human Happiness“ ausstieg, macht die Band unbeirrt weiter.
Als erstes lieferte sie uns in diesem Jahr mit „Chemical Playschool Vol 23 + 24“ eine weiteres Highlight dieser Serie, welche die Pink Dots seit frühesten Zeiten zunächst auf Musikkassette zum Veröffentlichen von nicht auf Alben zu findenen Songs oder anderen Versionen verwendete, dann kurz zum Zusammenstellen ihrer unzähligen Samplerbeiträge nutzte und spätestens seit Nummer 10 darüber großartige, weniger songorientierte Musik zu veröffentlichen. Nummer 23 + 24 sind dabei im Übrigen eine großartige Mischung aus Experiment und Song.
Nun, kurze Zeit später, legen sie also direkt mit dem ersten Album „Post-Silverman“ nach. Und nach den für mich als Pink-Dots-Junkie eher durchschnittlichen letzten beiden Alben, setzen sie mit „So lonley in heaven“ wieder mal eine richtige Duftmarke.
Es ist seit langen mal wieder (die CPs ausgenommen) ein Konzeptalbum geworden. Und die Band hat eine grandiose Mischung aus Experiment und durchaus poppigen Musik hinbekommen. Die Handschrift des schon zuletzt live eingesetzten und nun als vollwertiges Mitglied wirkenden Randal Frazier ist durchaus erkennbar – ohne natürlich die typischen Pink Dots zu verdrängen.
Mit dem Titelstück geht es direkt beschwingt los. Pumpende Beats und schwebende Keyboards tragen es mitsamt seiner Melancholie vorwärts. Und schon dieses Stück offenbart, was hier besser läuft als auf dem letzten Album: die in den letzten Jahren immer mehr Stellenwert bekommene Gitarrenarbeit von Erk Drost ist wesentlich homogener in den Sound eingebunden. So schwingt fast durch alle Stücke diese prickelnde Psychedelik, die auf dem letzten Album für mich irgendwie neben den Songs stand.
So entstehen so wunderbare Songs wie „Cold Comfort“, in denen die Gitarre toll hallende Klänge einstreut und von einer melancholischen, schönen Keyboardspur umrankt wird. Dazu gibt es ebenso psychedlisch schräge, elektronische Geräusche und den passenden Gesang vom Prophet Quaspel.
Auch „Wired High : Too Far To Fall” zeigt diese Homogenität, obwohl es sich um ein eher experimentelles, raues psychedelisches Stück handelt. Typische Pink.Dots-Keyboards walzen sich durch eine von der Gitarre und der Elektronik erzeugten, mystischen Stimmung.
Mit „How Many Fingers In the Fog” folgt eine dieser unvergleichlichen Pink-Dots-Popnummern mit Proganteilen. Eine treibende Rhythmusgitarre wird von einem pumpenden Bass unterstützt. Den melodischen Teil steuert ein perlendes Keyboard hinzu, das den Song traumwandlerisch wirken lässt. Den Proganteil liefern generierte Streicher plus ein feines, kleines eingebautes Gitarrensolo. Und natürlich die schrägen Streichern inmitten eines bezaubernden Glockenspiels am Ende.
Das wird mit dem sich direkt daraus entwickelnden „Blood Money : Transitional“ auf eine treibende, psychedelisch-poppige Ebene gehoben. Und hier vermischt sich die pumpende Elektronik ein weiteres Mal perfekt mit der wunderbaren Gitarrenarbeit.
In das letzte Stück „Everything under the moon“ packen die Jungs dann nochmal etwas völlig anderes. Eröffnet wird mit einem dunkel-psychedelischen Jazzmotiv. Der pumpende Bass wird von einem Jazzschlagzeug begleitet, dunkle Sounds umranken diese Stimmung kongenial. Auch hier bleibt die Dots-Signatur zu 100 % erhalten und so wird ein durchgängig erstklassiges Album beendet.
Die Geheimzutaten, welche dieses Album für mich auf die Stufe des besten Albums der Band seit dem 2006 erschienenem „Your Children Placate You from Premature Graves“ stellt, sind ganz klar die Arrangements, die einfallsreiche Komposition und der trotz aller Eingängigkeit vorhandenen Experimentierfreudigkeit. Und somit beende ich diese Review mit einer hohen Empfehlungsstufe, denn „So lonley in heaven“ eignet sich für alle: für den zuletzt vielleicht etwas enttäuschten Fans zum Widerentdecken ebenso für denjenigen, der die Band vielleicht jetzt doch mal für sich entdecken möchte als Einstieg.
- So Lonely In Heaven
- The Sound of the Bell
- Dr. Bliss
- Sleight of Hand
- Choose Premium : First Prize
- Darkest Knight
- Cold Comfort
- Wired High : Too Far To Fall
- How Many Fingers In the Fog
- Blood Money : Transitional
- Pass The Accident
- Everything Under The Moon
https://www.metropolis-records.com/product/11924/so-lonely-in-heaven
https://legendarypinkdots1.bandcamp.com/album/so-lonely-in-heaven-2