The Bullfight – Shame, Guilt, Deception [Individuals Chapter I] (Brandy Alexander Recordings, 08.05.2017)

Bringen wir mal auf den Punkt, was die Holländer The Bullfight auf ihrer neuen, sechsten CD so bieten: elektrischen Folk mit sehr düsterem Touch, kratzige Gitarren und organische Orgelsounds, Geigentöne und schräge Studiospielereien, verpackt in dunkle Balladen und aufgekratzt marschierende Stücke voller Liebe, Sex, Gewalt und Tod, vorgetragen von einer Stimme, die fast mehr spricht als singt.

Man kommt sich teils fast wie in einem alten, französischen „Film Noir“ vor, wenn Sänger Nick Verhoeven den Erzähler gibt. Das Ganze klingt äußerst lyrisch und Text und Musik bilden eine harmonische Einheit, die man nicht so einfach trennen kann. Das klingt mal wie Botanica in makaber, dann wieder etwas nach Tom Waits oder sehr nach Nick Cave. Auf jeden Fall interessant und – sofern man dazu bereit ist – ziemlich einnehmend.

Schade, dass dieses Kleinod bereits nach einer halben Stunde zu Ende ist. Denn wenn das bedächtig vor sich hin köchelnde „Backdoor“ ausklingt, möchte man gerne noch mehr von Liedern, wie dem abseitigen „The Weeping Wollow“, dem tänzelnden, fast zirkushaften „My Comeback“, dem Walzerduett „Waltz for L.E.“ oder der großartigen Ballade „No Thorns, No Roses“, die alle Nick-Cave-Fans glücklich machen sollte, denen sein letztes Album „Skeleton Tree“ viel zu niederschmetternd war. „Shame, Guilt, Deception (Individuals Chapter I)“ ist zwar auch ein Hort der Melancholie. Aber einer, den man gerne besucht, da immer ein dezentes Augenzwinkern und ein Hauch von Hoffnung in den teils fast biblisch schweren Texten mitschwingen.

Der Noir-Pop von The Bullfight hat cineastische Qualitäten. David Lynch trifft auf Wim Wenders – so in der Art. Auf jeden Fall faszinierend. Der neueste Streich präsentiert The Bullfight in Höchstform.

Als Zuckerl wurde dem Ganzen auch noch „On Was A Snake“ (das The Bullfight als offizielles Debütalbum sehen) aus 2006 beigelegt, das lange nicht mehr erhältlich war. Diese Platte zeigt die Truppe um die beiden Köpfe Nick Verhoeven und Thomas van der Vliet in etwas rauerer, aber nicht weniger einnehmender Form. Man könnte es fast als das Rockalbum der Band bezeichnen. Nicht ganz so elegant wie anno 2017 klingend, dafür nicht viel weniger unterhaltsam.

Empfehlung!

Shame, Guilt, Deception:
1. The Weeping Willow
2. I Guess You Know By Now
3. That Man
4. No Thorns, No Roses
5. My Comeback
6. Waltz For L.E.
7. Only Her Ladder Led To Fire
8. My Life Is Better Than Yours
9. Backdoor

One Was A Snake:
1. That’s You, Charles
2. The Ballroom Blitz
3. No Thorns, No Roses
4. Remington Blue
5. The Staring Cult
6. Needle & Suds
7. Not Enough To Be Your Deathwish
8. Stormsplay Bitter
9. Swaying Dimly In Darkness

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