Tankard – Stone Cold Sober [Deluxe Edition] (Noise/BMG, 26.01.2018)

Vor rund zwei Monaten veröffentlichte das wiederbelebte Noise-Label die ersten drei Alben von Tankard neu. Im nächsten Aufwasch folgen nun „The Meaning Of Life“ (1990), „Stone Cold Sober“ (1992), „Two-Faced“ (1994), „The Tankard“ (1995) und, ja, tatsächlich auch noch das unter dem Banner Tankwart eingespielte Cover-Album „Aufgetankt“.

Die Ausstattung ist wieder dieselbe. Wer möchte, greift zum bunten Vinyl oder zur CD im Digipack. Letztere kommen nun etwas edler in Hochglanz daher und haben ein Booklet mit Liner-Notes und Interviews mit Frontmann Gerre mit an Bord. Und jetzt gibt es auch Bonustracks. Und zwar bei den ersten drei Alben fünf bzw. drei Livesongs vom fast schon legendären Konzert 1990 in Ostberlin, bei dem man damals mit Kreator, Sabbat und Coroner auf der Bühne stand. (Ein paar nette Anekdoten dazu gibt es im Buch „Systemstörung“.) Die Songs klingen echt stark und machen Laune, auch wenn sie schon bei den 2005er-Rereleases zu finden waren. Bei der Noise-Abschiedsveranstaltung „The Tankard“ liegt das genannte Cover-Album als Bonus-CD bei.

Kommen wir zu Album Nummer fünf. „Stone Cold Sober“ kommt abermals mit einem äußerst coolen Artwork von Sebastian Krüger daher, das sich auch bestens auf T-Shirts macht. Rückblickend sieht die Band die Platte – zumindest aus kommerzieller Sicht – als Misserfolg. Etwas schiebt man die Schuld dabei auf das Label Noise Records, welches die Platte erstmals rein als CD herausbrachte, wo doch Vinyl immer noch ein wichtiges Medium in der Metalszene war.

In kreativer Hinsicht war „Stone Cold Sober“ allerdings kein Rückschritt. Der gebotene Gemischtwarenladen macht über weite Strecken nämlich ziemlich Spaß. Los geht es recht ernst, verhältnismäßig heavy, aber auch etwas latent primitiv mit „Jurisdiction“. Der Schlag in die Kauleiste hat auf jeden Fall gesessen. Nicht weniger launig geht es mit dem Beginn von „Broken Image“ weiter. Leicht punkige Gitarrenleads und schmissiges Tempo. Leider wird das nicht weitergeführt, sondern leicht verwinkelt gethrasht. Das im folgende „Mindwild“ macht die Sache schon cooler. Die spaßige Klischeekeule „Blood, Guts And Rock N’Roll“ haut in eine ähnliche Kerbe und gehört zur Fun-Abteilung der Platte. Von ein paar Ausschlägen in diese Richtung abgesehen, wird der Ton aber zunehmend ernster. Auch versucht sich Gerre immer mehr an „echtem“ Gesang, was ihm gar nicht so schlecht steht und eine nette Nuance im Tankard-Sound darstellt.

Der Titeltrack und das kritische „Sleeping With The Past“ sind gute Beispiele und für sich kleine Highlights der Platte. Laune machen auch das J.-Geils-Band-Cover „Centerfold“ und die unverwüstliche Blödel-Punk-Nummer „Freibier“. Typisch Tankard. Komplett aus der Reihe fällt das über siebenminütige Instrumental mit dem seltsamen Namen „Of Strange Talking People Under Arabian Skies“. Das bringt eine Portion Atmosphäre mit sich, ist gelungen, aber nicht ganz so stark wie sein geistiger Vorgänger „For A Thousand Beers“ von „Chemical Invasion“.

Komplett mitreißen kann nicht jeder Song auf „Stone Cold Sober“, aber am Ende haben wir es doch mit einer gelungenen Platte zu tun, auch wenn sie vielleicht kein Meilenstein ist. Wer nicht genug von der Chose bekommt, kann sich an den drei Livesongs vom 90er Berlin-Konzert ergötzen.

 

Trackliste:
1. Jurisdiction
2. Broken Image
3. Mindwild
4. Ugly Beauty
5. Centerfold
6. Behind The Back
7. Stone Cold Sober
8. Blood, Guts And Rock N’Roll
9. Lost And Found (Tantrum Part 2)
10. Sleeping With The Past
11. Freibier
12. Of Strange Talking People Under Arabian Skies
13. Outro
14. Don’t Panic (Bonus Live Track)
15. 666 Packs (Bonus Live Track)
16. Shitfaced (Bonus Live Track)