Sorority Noise – You’re Not As_As You Think (Big Scary Monsters, 17.03.2017)

Mit „You’re Not As_As You Think“ veröffentlichen Sorority Noise aus Hatford, Connecticut ihr mittlerweile drittes Album seit Bandgründung 2013. Das ist eine ziemlich gute Schlagzahl, denkt man daran, dass Frontmann Cameron Boucher auch noch bei der Post-Hardcore/Screamo-Kapelle Old Gray tätig ist. Im Vergleich zu den etwas desperativeren Klängen dort stellen Sorority Noise ein poppigeres, leichtgewichtigeres und unbeschwerteres Outlet dar.

Der akustische Schein kann allerdings schnell trügen, gehört das Quartett doch zur Kategorie Bittersweet. Während das erste Album „Forgettable“ noch irgendwo zwischen recht durchschnittlichem 2010er-Emo und poppigem Indie/Alternative-Rock oszillierte, stellte der Nachfolger „Joy, Departed“ eine deutliche Entwicklung hin zu komplexerem Songwriting dar. Klanglich öffnete sich die Band in Richtung Vertretern wie Brand New, mit Bouchers manchmal säuselndem, manchmal gebrochenem Gesang, der streckenweise stark an Jesse Lacey erinnert, sowie dem weiten, warmen Plattenhall auf den Gitarren als auch einer deutlich opulenteren Produktion von Bass und Schlagzeug. Ein Klangbild, das den teils sehr persönlichen und düsteren, lyrischen Inhalt der Platte perfekt transportierte.

Diesen Weg gehen die Jungs aus Connecticut auf dem nun dritten Album „You’re Not As_As You Think“ konsequent weiter. Zuckersüße, poppige Melodien, die zeitweilig an Weezer erinnern, aufmunternde, Jimmy Eat World-esque Drumbeats und hymnenhafte Pop-Punk-Passagen treffen auf Bouchers Verletzlichkeit und sanft reverberierende Gitarren, die das Klangbild in eine Art freundliche Düsterkeit tauchen. Eben jene, düstere Ebene findet sich auch weiterhin in Bouchers Texten wieder, die schmerzhaft ehrlich und persönlich immer wieder ein rekurrierendes Themenfeld behandeln, für dessen öffentlichen Diskurs sich der Sänger und Gitarrist nun schon seit einiger Zeit stark macht: Depressionen und mentalgesundheitliche Probleme allgemein.

Ein Thema, das in einer angeblich aufgeklärten, modernen westlichen Gesellschaft oftmals, im wahrsten Sinne des Wortes, totgeschwiegen wird. Denn gerade die Tabuisierung, das Ignorieren und die Verleugnung des Themas als ernstzunehmendes, gesellschaftliches Problem führt Betroffene häufig in die Isolation, die die Teufelsspirale aus Negativgedanken und selbstzerstörerischen Tendenzen mit antreibt. Das drehen dieser Teufelsspirale sollen Alben wie „You’re Not As_As You Think“ verhindern und durch Aufarbeitung, Selbstreflexion und Selbstoffenbarung einen kathartischen Effekt hervorrufen, der hoffentlich einen stärkeren, öffentlichen Diskurs fördert.

Musikalisch geht es dabei noch ein wenig variierter, ausladender und vielschichtiger zu als schon auf dem Vorgänger „Joy, Departed“, auch wenn sich das Quartett dem ständigen Vorwurf einer extremen Orientierung an Brand New ausgesetzt sieht. Der Opener „No Halo“ ist eine Emo-Pop-Punk-Hymne wie sie im Bilderbuch steht und „Where Are You“ versprüht zuckersüßen Indie-Rock-Charme, während „First Letter From St. Sean“ eben an jene hypnotischen, verletzlichen Klänge erinnert, die auch Jesse Lacey hätte schreiben können. Mit „A Better Sun“ gesellt sich dazu noch eine düstere Neo-Grunge-Ballade mit interessanter Melodieführung im Bass, die das Aufleben fast sämtlicher, populärer Rockströmungen der 90er komplettiert.

Ein kurzweiliges, weil vielseitiges, gut geschriebenes und brutal ehrliches Album über psychische Probleme, Depressionen und wie man damit umgehen kann. Gehüllt ist das Ganze in ein poppig-düsteres Gewandt aus Alternative-Rock, Indie und Modern Emo. Ein Album für alle, die keine Angst vor den eigenen Gefühlen und etwas unangenehmeren Themen haben.

01. No Halo
02. A Portrait Of
03. First Letter From St. Sean
04. A Better Sun
05. Disappeared
06. Car
07. Where Are You
08. Second Letter From St. Julien
09. Leave The Fan On
10. New Room

4.4