Solstice – White Horse Hill (Invictus Productions, 06.04.2018)

Zwanzig lange Jahre ist es her, dass die britischen Epic-Doomer Solstice (nicht zu verwechseln mit der amerikanischen Death-Metal-Band) ihren Klassiker „New Dark Age“ veröffentlicht haben. Man dachte schon gar nicht mehr daran, dass das Quartett die Arbeiten an einem neuen Album beendet, auch wenn vor fünf Jahren die EP „Death’s Crown Is Victory“ veröffentlicht wurde und man zwischendurch immer mal wieder Demos der neuen Songs präsentierte. Aber jetzt ist es da: „White Horse Hill“. Digital wurde die Platte schon vor einigen Wochen selbst von der Band auf ihrer Bandcamp-Seite veröffentlicht. Jetzt folgt der physische Release auf CD und Vinyl.

Die Erwartungen sind natürlich groß. Das Werk der Band ist zwar nicht besonders umfangreich, dafür von besonderer Qualität. Ob man mit dem neuen Album daran anschließen kann? Auch ohne rosa Fanbrille: Ja, das können Solstice über weite Strecken! Auch wenn man sagen muss, dass „White Horse Hill“ mit einer Dreiviertelstunde fast ein wenig kurz geraten ist (was von der Band allerdings bewusst so gewählt wurde – Stichwort „LP-Länge“) und man bereits im Vorfeld die meisten Songs zu hören bekam.

Der Start ist mit dem Intro „III“ zuerst fast ein wenig unspektakulär. Krähen und leises Brummen bauen Spannung auf, bevor Twin-Leads das Ruder herumreißen. Das überlange „To Sol A Thane“ präsentiert Solstice dann in Reinkultur. Kernig stampfender Sound mit einem Bein im Doom, mit dem anderen im klassischen Epic-Metal, folkig wirkende Gitarrenleads werden von ergreifenden Gesangslinien abgelöst. Der Song ist heavy, im Midtempo angelegt. Der Gesang von (nicht mehr ganz so) Neu-Sänger Paul Kearns ist absolut passend. Er klingt kraftvoll und kantig, gefällt in den melancholischen Momenten aber auch mit angenehmer Zerbrechlichkeit. Er wird nie übertrieben theatralisch.

Dabei würden die Songs einiges dafür hergeben. Zum Beispiel der hymnisch aufschaukelnde Titeltrack. Das absolute Gegenteil davon ist das komplett zurückhaltende „For All Days, And For None“ – eine melancholische Ballade ohne großen Ausbruch. Jene klingt mit Meeres- und Glockengeräuschen aus und leitet zum fast 13-minütigen Brocken „Under Waves Lie Our Dead“ über. Hier spielen die Herren um Richard M. Walker nochmal ihr ganzes Können aus. Dabei zeigt man: In Sachen „epischer Metal mit Eiern und Emotionen“ macht Solstice so schnell niemand was vor – auch ihre Lehrlinge Atlantean Kodex nicht. Die beiden kürzeren Stücke „Beheld, A Man Of Straw“ und „Gallow Fen“ fallen da schon etwas ab, sorgen aber zumindest für ein Plus an Atmosphäre.

„White Horse Hill“ wird vielleicht kein Album für die Ewigkeit werden. Aber an den eigenen Vorlagen ist man auch nicht gescheitert. Der neueste Streich ist einfach ein rundes, packendes und ziemlich gutes Metal-Album. Eines auf das man sich allerdings einlassen muss, eines das auch wieder thematisch etwas zum Entdecken hat. Denn nach wie vor verquicken Solstice nordische und keltische Mythen und bringt sie in Verbindung mit dem modernen Menschen. Dabei entsteht ein interessantes Gesamtpaket.

 

Trackliste:
1. III
2. To Sol A Thane
3. Beheld, A Man of Straw
4. White Horse Hill
5. For All Days, And For None
6. Under Waves Lie Our Dead
7. Gallow Fen

4.4