Seamount – Nitro Jesus (The Church Within Records, 09.10.2015)

„Nitro Jesus“, schon wieder so eine breitbeinige Rotzrock-Luftnummer?! Nein, keine Angst, der Albumtitel führt nur etwas in die Irre. Seamount ist eine Doom-Band aus dem Raum Würzburg mit dem umtriebigen, amerikanischen Sänger Phil Swanson (u.a. Vestal Claret, Hour of 13, Briton Rites). „Nitro Jesus“ ist die fünfte Platte seit der Bandgründung 2007. Und was Gitarrist und Bandleader Tim Schmidt und seine drei Herren auf die Beine gestellt haben, ist allemal eine Erwähnung wert!

Wo der Vorgänger „Earthmother“ noch tief im Classic Rock watete und mit vielen feinen Gitarrenmelodien verwöhnte, rudert das Quartett auf ihrem neuesten Streich etwas zurück. „Nitro Jesus“ steht wieder eindeutig in der Doom-Metal-Tradition. Allerdings auch hier nicht derart düster und kantig wie z.B. bei Altmeistern wie Saint Vitus. Nein, bei Seamount liegen Doom und Heavy Rock nach wie vor dicht beisammen. „Nitro Jesus“ klingt sogar ziemlich abwechslungsreich und damit spannend.

Gleich die Eröffnung „Bestial Rising“ gibt die Richtung vor: schwerer Heavy Rock mit krachendem Riffing, antreibenden Drums, einem angenehmen Spannungsaufbau sowie dem charakteristischen und grandios emotionalen Gesang Swansons, den man irgendwo zwischen Ozzy Osbourne und Ian Gillan einordnen könnte. Noch besser wird es mit dem schleppenden „Can’t escape the pain“, das angenehm glimmt und mit emotionalen Gesang mitreißt. Der Titeltrack klingt dafür ähnlich wie Trouble in ihren besten Rockzeiten Anfang/Mitte der 90er.

Diese drei Titel haben somit schon mal das Terrain des „klassischen“ Seamount-Sounds abgesteckt. Die Band will dieses Mal aber mehr und überrascht auch öfters. „Hold up the sun“ ist zum Beispiel eine angenehm hymnische Halbakustik-Nummer mit großem Hitpotenzial, während das riffrockende „Beautiful Sadness“ gar an eine Band wie AC/DC denken lässt. Aus der Art schlägt auch das abschließende „No one knows“, das in der Strophe mit seinen Keyboard-Sounds, funkiger Gitarre und maschinenhaftem Gesang an 80er-Jahre-Pop denken lässt, dann aber noch die Classic-Rock-Kurve kriegt und so ziemlich interessant klingt.

Zwar zünden nicht alle Songs auf diesem Album richtig (z.B. „Scars of the emotional stuntman“, „Bulletproof“). Doch zeigen Seamount eindringlich, dass sie eine ganze eigene Nummer im Doom-/Heavy-Rock-Zirkus sind, und dass sie sich nicht damit zufrieden geben, nur auf der Stelle zu treten. Eine eigenwillige, aber gute Platte!

Seamount - Nitro Jesus

1. Bestial Rising
2. Can’t Escape the Pain
3. Nitro Jesus
4. Scars of the Emotional Stuntman
5. Hold Up the Sun
6. Bulletproof
7. Beautiful Sadness
8. In The End
9. No One Knows

4.3