Über drei Jahrzehnte Bandgeschichte, jetzt das zwölfte Studioalbum – die neben Alice In Chains einzigen, überlebenden Grunge-Granden Pearl Jam sind mittlerweile tatsächlich eine alte Band. Wie von den meisten Classic-Rockern erwartet man da doch gar nicht mehr so viel und nimmt eine neue Platte zwar erfreut, aber irgendwie auch ein bisschen gleichgültig zur Kenntnis. So fühlt es sich zumindest seit „Binaural“ (2000) irgendwie an.
Pearl Jam scheinen sich dessen bewusst zu sein und haben vielleicht auch deshalb den angesagten, jungen Produzenten Andrew Watt engagiert, der sonst schon mit Justin Bieber und Miley Cyrus gearbeitet, in den letzten Jahren aber auch alten Herren wie Ozzy Osbourne, Iggy Pop und den Rolling Stones recht erfolgreich Beine gemacht hat. Und so stand man nur drei Wochen lang in den Shangri-La Studios und legte einfach von der eigenen Inspiration getrieben los.
Diese lockere Herangehensweise schlägt mit den ersten beiden Stücken durch. So ausgelassen wie bei „Scared Of Fear“ und „React, Respond“ hat man Pearl Jam zuletzt selten gehört. Die Musik energiegeladen, die Texte bissig. Das ist kantig, das macht Laune. Beim wenig gehaltvollen Titeltrack übertreibt man es damit aber ein wenig, während auf der anderen Seite das flott nach vorne drückende „Running“ wiederum etwas mehr von dieser Wucht vertragen könnte.
Da nimmt man dann doch lieber wieder die typischen Midtempo-Songs, wie man sie doch so gerne schreibt. Zum Beispiel das ruhig beginnende und dann lebhafte „Upper Hand“, das altmodisch wirkende und zum Ende hin vor Spiellaune sprühende „Waiting For Stevie“ oder das melodisch aufwühlende „Got To Give“. Da verzeiht man dann auch einen etwas zu gemütlichen Schunkler wie „Something Special“. Am meisten nehmen Pearl Jam aber mit, wenn sie ihre Tom-Petty– und Bruce-Springsteen-Momente ausleben („Wreckage“, „Setting Sun“). Nur schade, dass die meiste Songs recht dynamikfrei abgemischt wurden. Doch ein Tribut an die heutige Zeit?
Zusammenfassend: Ein typisches Pearl-Jam-Album mit einigen schönen, auch mitreißenden Momenten, aber auch vielen eher nur beiläufig vorbeirauschenden Songs. Ein Klassiker wird das sicher nicht, dem Fan kann das aber vorerst mal genügen.
Trackliste:
1. Scared of Fear
2. React, Respond
3. Wreckage
4. Dark Matter
5. Won’t Tell
6. Upper Hand
7. Waiting for Stevie
8. Running
9. Something Special
10. Got To Give
11. Setting Sun