Orphaned Land – Unsung Prophets & Dead Messiahs (Century Media, 26.01.2017)

Wenn man von der Kollaboration mit Amasaffer („Kna’an“) absieht, ist „Unsung Prophets & Dead Messiahs“ das erste Album Orphaned Lands seit fünf Jahren. Wie zu erwarten geht es auch dieses Mal nicht ohne ein übergeordnetes Konzept. Kobi Farhi ließ sich von Platons Höhlengleichnis inspirieren und bastelte darum eine Geschichte über einen vermeintlichen „Propheten“, die interessante Fragen aufwirft, die heute noch genauso aktuell wie vor 2.500 Jahren sind. Die Welt hat sich somit nicht wirklich verändert…

Gegossen wurde das Ganze in interessante Songs, die dieses Mal nicht immer auf den sofortigen Einschlag zielen, wie es beim bewusst so aufgebauten Vorgänger „All Is One“ der Fall war. Progressive Wendungen und dezent sich aufbauende Atmosphären sind wieder stärker vorhanden. Nicht zu vergessen eine ganze Ladung (angenehmer) Bombast, sich überschlagende nahöstliche Melodien, überhaupt viel Abwechslungsreichtum. Vor allem in Sachen Gesang. Die Geschichte der einzelnen Titel werden stets passend gesanglich umgesetzt, Chöre wühlen einen auf und wenn es sein muss, setzt Kobi auch mal wieder Growls ein. Allerdings nur selten. Am meisten beim harschen „Only The Dead Have Seen The End Of War“, bei dem sich der Frontmann in ein Gesangsduell mit At The Gates‘ Tomas Lindberg stürzt.

Ein Titel, auf den das Album Song für Song zusteuert und am Ende in sich zusammenfällt. Bis dahin erlebt man ein metallisches Wechselbad der Gefühle, das mit „The Cave“ eingängig und doch verspielt startet, sich über die knackig aggressive Schlüsselnummer „We Do Not Resist“ steigert, mit „Yedidi“ ins Hebräische abtaucht, um dann vorerst im proggigen, mit warmen Melodien umgarnende, mit einem hymnischen Chor-Refrain angereicherte „Chains Fall To Gravity“ mündet. Ein erster Wendepunkt der Geschichte, in dem der ehemalige Genesis-Gitarrist Steve Hackett einen schönen Gastauftritt hat.

Als dritten Studiogast konnte man Blind-Guardian-Fronter Hansi Kürsch begrüßen, der das mitreißende „Like Orpheus“ mit seiner charismatischen Stimme veredelt. Nach der ruhigeren Chornummer „Poets Of Prophetic Messianism“ treibt die Platte geradewegs ihrer Spitze entgegen. Mit dem theatralischen „Take My Hand“, dem Spannung aufbauenden „My Brother’s Keeper“ und dem abwechslungsreichen „Take My Hand“ folgt dreimal bester Orient-Metal, wie ihn die Band mit ihren letzten drei Studioalben kultiviert hat.

Ja, es gibt viel zu Entdecken auf „Unsung Prophets & Dead Messiahs“. Musikalisch hat man den Weggang von Band-Mitbegründer Yossi Sassi gut weg gesteckt. Das Album strotzt vor Musikalität und liebevollen Details (man beachte die immer wieder eingespielten Akt der Selbstzensur!), ist aber stets auf angenehme Art und Weise eingängig und mitreißend. Orphaned Land haben immer noch etwas zu sagen und man sollte ihnen unbedingt zuhören. So viele Stimmen der Vernunft gibt es derzeit im Nahen Osten ja wohl leider nicht.

Starkes Teil!

Trackliste:
1. The Cave
2. We Do Not Resist
3. In Propaganda
4. All Knowing Eye
5. Yedidi
6. Chains Fall To Gravity
7. Like Orpheus
8. Poets Of Prophetic Messianism
9. Left Behind
10. My Brother’s Keeper
11. Take My Hand
12. Only The Dead Have Seen The End Of War
13. The Manifest – Epilogue

4.3