Muff Potter – Bei aller Liebe (Hucks Plattenkiste/Indigo, 26.08.2022)

Geschlagene 13 Jahre mussten wir nun schon auf ein neues Muff Potter Album warten und jetzt ist es endlich so weit, “Bei Aller Liebe” (wer in den letzten Tagen aufmerksam war, konnte in unserem Interview mit Brami bereits einiges hierüber erfahren) erblickt am Freitag das Licht der missratenen Welt.

Na warum denn nun bitte alles gleich so schwarz malen? Na warum denn nicht… genügend Gründe gibt es ja wohl aktuell und ebendiese gehen nicht spurlos an den vier Herren aus Rheine vorbei.

Nach der Auflösung 2009 hatte Frontmann Nagel sich auch als Schriftsteller einen Namen machen können, seinen letzten Roman “Arbeit” hatten wir hier ja sogar besprochen und verlost. Zu der Zeit hatten sich die Vier schon wieder zusammen gerauft und die Spatzen pfiffen schon insgeheim von den Dächern, dass man sich langsam an die Arbeit des bereits achten Studioalbums machen wolle, welches auch dieses Mal wieder über das das eigenen Label erscheinen wird.

Ich habe einen “Killer” noch nie so sanftmütig und melancholisch erleben dürfen, Muff Potter starten aber genau so und “Bei Aller Liebe”, spätestens zum Ende der Nummer erreichen sie das Tempo, mit dem es gerne die nächsten 45 Minuten weiter gehen darf!

Die bisherigen veröffentlichten Singles machten im Vorfeld schon richtig Bock, alleine “Ich will nicht mehr mein Sklave sein” zeigte selbstironisch, dass es endlich Zeit wurde, seine selbstgemachten Mauern aufzusprengen und die “Welt da draußen” in sein Leben herein zu lassen – ohne hier zu spoilern, aber den Song hatte ich damals spontan zu meinem bisherigen Muff Potter Lieblings-Song auserkoren.

Selbstkritisch geht es mit “Flitter & Tand” weiter, denn den Tanz auf dem Drahtseil ist und bleibt ein Spagat… zwischen richtig und falsch, gut und bösen, Untergang und Auferstehung. “Niemals mehr zur Arbeit gehen”, ja das wäre schön. Könnte ich mir doch schöneres vorstellen und wie oft hatte man schon das Gefühl das “Ein gestohlener Tag” mehr auf der Contra-Seite des Lebens steht, oder?!

Sachen “Wie Kamelle raus” hauen ist definitiv weniger schmerzhaft als “Hammerschläge, Hinterköpf“… denn bei zweiterer Nummer muss man schon sehr reflektiert zugeben, dass der ganze moderne Hype und irrsinnige Kommerzwahn doch unter dem Strich für nichts zu taugen scheint.

Wieso ist eigentlich heutzutage alles nur noch “Privat“? Sind wir nicht damals noch unter der Motto “Alle für Alle” groß geworden? Heute wollen scheinbar alle nur noch für sich sein und niemanden mehr persönlich, oer auch keine Menschlichkeit an sich ran lassen.

Greifen wir das Motto direkt auf, dann ist “Der einzige Grund aus dem Haus zu gehen” heute doch nur noch, das Leben zu ändern. Nicht das der anderen, dass klappt eh nicht… hier scheint der Drops endgültig gelutscht zu sein, der Niedergang ist gerade auf dem Weg der Vollendung – aber seinen eigenen Hals darf man doch bitte gerne noch aus der Schlinge ziehen, oder?!

Sorry, aber was hat es denn jetzt mit “Nottbeck City Limits” auf sich? Zugegebenermaßen habe ich hier ein wenig länger gebraucht um in die Nummer rein zu kommen… aber spätestens zur Mitte des Songs knallen mir die Schweinehälften nur so um die Ohren – die münsteraner Idylle, ein mörderischer Ort der Zerstörung? Ja, wenn man es so sagen will! Aber davon gibt es ja leider noch viel mehr andere Orte des Grauens und unser aller Dummheit & Gier befeuert das Ganze in jeder Sekunde mehr.

Aber ein wenig besänftigend schließen Muff Potter ihr erstes Album nach so langer Zeit… es gibt nicht nur Zerstörung und Untergang, “Schöne Tage” dürfen doch bitte auch noch dabei sein – man darf nur nicht zu sehr hinter die Fassade schauen, es ist ja bekanntlich nicht immer alles Gold was glänzt.

Fazit:
Selten habe ich mich in letzter Zeit mehr auf ein neues Album gefreut – und hier werden wir alle definitiv nicht enttäuscht. Nicht nur eingefleischte (sorry hierfür 😉 ) Muff Potter Fans kommen hier auf ihre Kosten, mit “Bei Aller Liebe” wird sich der Freundeskreis garantiert noch vergrößern… da verwette ich meinen Allerwertesten drauf!

 

Titel:
1. Killer
2. Ich will nicht mehr mein Sklave sein
3. Flitter & Tand
4. Ein gestohlener Tag
5. Wie Kamelle raus
6. Hammerschläge, Hinterköpfe
7. Privat
8. Der einzige Grund aus dem Haus zu gehen
9. Nottbeck City Limits
10. Schöne Tage

 

Titelbild: Bastian Bochinski

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