Morrissey – Low In High School (BMG/Etienne Records, 17.11.2017)

The Mozzer is back!

So einfach könnte man das neue Morrissey-Album „Low In High School“ beschreiben und diese Rezension somit beenden – aber nein, so einfach machen wir es uns dann nicht… und so einfach ist es auch nicht!

Fakt ist, dass Steven Patrick Morrissey am Freitag sein gefühlt 100stes, aber in Wirklichkeit nun doch schon elftes Solo-Album veröffentlicht und man trotz seiner aktuellen gesundheitlichen Verfassung immer noch mit ihm rechnen muss.

Warum ich hier auf seine (hoffentlich überstandene) Erkrankung anspiele? Weil ich neulich erst seinen Gig in Berlin gesehen habe und mir durchaus Sorgen gemacht habe – Sorgen, ob er den kompletten Auftritt bewältigt bekommt… Sorgen darum, wie es ihm geht… und Sorgen, dass er nicht einer der nächsten Stars ist, der dort oben für die große Allstar-Band benötigt wird! Denn das hat bitte noch mindestens zwanzig Jahre Zeit… so lange müssen sich Bowie, Lemmy und Co. doch bitte noch gedulden.

Auch wenn in Berlin durchaus ein wenig Frische und Energie gefehlt hat und Morrissey auch nur noch wenig von seiner unbändigen Ausstrahlung bzw. natürlichen Arroganz erkennen ließ, so konnte man aber dort schon das Potential der neuen Songs erahnen!

Gut drei Jahre nach „World Peace Is None of Your Business“ – welches ich selbst unzählige Male gehört habe und zu einem der stärkeren Alben des Mozzer zähle – liegt nun also „Low In High School“ vor mir und macht es mir schwer, die richtigen Worte zu finden.

Aufmerksam wurde ich durch die Album-Vorankündigung und das im September veröffentlichte Lyrik-Video zu „Spent the Day in Bed“ – und dank dieser Nummer war ich sofort hin und weg. Den Appell auf Nachrichten zu verzichten und im Bett zu bleiben komme ich doch gerne nach – denn wer möchte sich schon von den ganzen irren News verschrecken lassen und wohlmöglich noch in Depressionen verfallen? Ganz groß die Nummer… Chapeau!

Aber fangen wir doch am besten einfach vorne an… nämlich mit „My Love, I’d Do Anything“, welches fulminant startet und direkt die Messlatte für die folgenden über 50 Minuten doch recht hoch ansetzt – und Kids, glaubt nicht alles was die Medien euch vorheucheln möchten!

Provokant, zynisch und voller Sarkasmus geht es auch dieses Mal wieder zu – aber auch viel Politik, oder besser gesagt die Auseinandersetzung mit selbiger liegt dem ehemaligen The-Smiths-Sänger am Herzen… ob es nun um die Toten auf den Schlachtfeldern dieser Welt geht („I Wish You Lonely„ und „I Bury The Living“), die weltweite Aufrüstung („All The Young People Must Fall In Love“), die Polizeigewalt („Who Will Protect Us From The Police“) oder den Brexit (leicht verschachtelt in „Jacky’s Only Happy When Shes Up On The Stage“) ist. Hier hat der liebe Mozzer eine Meinung… auch wenn es nicht unbedingt immer unsere sein muss!

Scheinbar ist der Gute übrigens gerade in seiner „Israel-Phase“, denn nicht weniger als drei Songs hat er diesem Thema und dem Nahen Osten gewidmet…  hier „The Girl From Tel-Aviv Who Wouldn’t Kneel” oder der letzte Song “Israel” als Beispiel – aber wenn ich mich richtig erinnere, ging es beim letzten Album um Spanien… also ist es gar nicht mal so ungewöhnlich für den Briten, dass er sich geopolitisch immer wieder in die eine oder andere Ecke verzieht.

Na gut, zugegebenermaßen hat er sich zum Nahem Osten, zum Islam und zu den damit verbundenen Vorkommnissen der letzten Jahre nicht sonderlich schlau geäußert und sich nicht mit Ruhm bekleckert – aber diese Art von Provokation sind schon seit Anbeginn Bestandteil seines musikalischen Lebens.

Okay… klar gibt es zwei Lager, wenn es um Morrissey geht. Die einen, welche ihn aufgrund seiner kontroversen Aussagen zu Themen wie Politik, Sexualität und Rassismus am liebsten auf eine einsame Insel verbannen würden – und die anderen, die dem Manchester-Boy trotz seiner wirrschen Aussagen immer irgendwie wieder verzeihen und jeden einzelnen Song verschlingen… ich selber oute mich in diesem Zusammenhang gerne als zweiterer! Aber weiter überspannen sollte er den Bogen keineswegs, denn sein Aussagen bezüglich des Brexits und der britischen Ukip machen ihn leider sehr, sehr unsympathisch!

Müsste ich das Ganze hier politisch beurteilen, dann bekäme Steven Patrick Morrissey eine eindeutige Fünf, rein musikalisch gesehen halte ich „Low In High School“ für absolut empfehlenswert.

Egal wie man es dreht und wendet… The Mozzer is back! Und wisst ihr was ich am Wochenende machen werde? I „Spent The Day In Bed“!

 


Titel:
1. My Love, I’d Do Anything
2. I Wish You Lonely
3. Jacky’s Only Happy When Shes Up On The Stage
4. Home Is A Question Mark
5. Spent The Day In Bed
6. I Bury The Living
7. In Your Lap
8. The Girl From Tel-Aviv Who Wouldn’t Kneel
9. All The Young People Must Fall In Love
10. When You Open Your Legs
11. Who Will Protect Us From The Police
12. Israel

Foto: Monika Stolarska

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4.5