Metallisierte Welt

Metallisierte Welt – Auf den Spuren einer Subkultur (Hirnkost, 02.01.2018)

Ausverkaufte Stadien, Berichte von Wacken und Kreuzfahrten in den Hauptnachrichten, das Hellfest und das Rock Hard Festival finden auf Arte bzw. dem Rockpalast statt, hohe Chartplatzierungen usw. Man kann wohl guten Gewissens behaupten, dass der Heavy Metal bei uns schon lange im Mainstream angekommen ist und mittlerweile weit davon weg ist, geächtete Außenseitermusik zu sein. Zumindest gilt das für den westlichen Kulturraum, sprich Nordamerika und Europa. Dass der Metal aber ein globales Phänomen ist, stellte Filmemacher Sam Dunn vor einer Dekade in seiner Dokumentation „Global Metal“ bereits fest.

Das Buch „Metallisierte Welt – Auf den Spuren eine Subkultur“ von Moritz Grütz führt das jetzt noch ein bisschen weiter. Und der Mann kennt sich aus. Ist er doch seit vielen Jahren Chefredakteur des renommierten Webzines Metal1.info. Im Rahmen seiner Tätigkeit ist eine gleichnamige Interviewserie entstanden, welche den Grundstock dieses Buchs bildet. Grütz begab sich in die entlegensten Winkel der Welt und spürte interessante Bands (meist aus dem extremeren Spielarten) auf und befragte sie, wie es denn so ist in ihrem Land Metalhead zu sein und in einer Band zu spielen. Dabei betrieb er richtige Grasnabenforschung und schürfte tief im Underground. Die bekanntesten Bands im Buch dürften Hamferd (Färöer-Inseln), Nervecell (Vereinigte Arabische Emirate), Krytos (Indien) und Al-Namrood (Saudi-Arabien) sein.

In 34 Kapiteln und aus 31 Ländern berichten Musiker mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben. Seien es schlicht und ergreifend logistische Probleme beim Instrumentenkauf, dem Finden von Probraum- und Auftrittsmöglichten oder die kulturellen Unterschiede, die auftreten, wenn eine vermeintlich westliche Musikrichtung, die vielfach noch als Satanskram gilt und zudem einen rebellischen Unterton mitführt, auf die einheimische Kultur trifft. Gerade in arabischen Ländern haben Musiker immer wieder mit schwere Repressalien zu kämpfen, die weit über ein „schräg angeschaut werden“ hinaus gehen. Die saudischen Al-Namrood sehen sich zum Beispiel gezwungen, ihr Schattendasein vor der eigenen Familie zu verstecken, um nicht auf dem Schafott zu landen. Dagegen haben es Artic Spirits aus Grönland oder Shahyd Legacy von den Malediven schon regelrecht gemütlich. Sehen sie sich aufgrund der Abgeschiedenheit ja „nur“ damit konfrontiert, kein wirkliches Publikum zu haben.

Wirklich interessant wird es allerdings, wenn Grütz auch mal einen zweiten Blick wagt. Zum Thema Iran entstanden dabei nämlich komplett konträre Antworten zu denselben Fragen. Ob die Gedanken der Protagonisten allerdings wirklich so sind oder ob sie zum eigenen Schutz geschönt wurden, ist allerdings schwer zu beurteilen.

Rund 180 klar strukturierte Seiten ist dieses (Hardcover-)Buch stark. Die einzelnen Kapitel kommen ohne Schnörkel, Fotos und allzu viel einleitende Worte daher. Der Verfasser konzentrierte sich rein auf seine Fragen und die (teils recht ausführlichen) Antworten den Musiker. Das liest sich wirklich interessant und ziemlich einfach und lässt am Ende nur einen Gedanken zu: Metal ist ein Lebensgefühl, welches weder kulturelle, religiöse, noch Ländergrenzen kennt. Fürwahr, keine neue Erkenntnis. Aber es erdet einen, wenn in Internetforen mal wieder über überteurte „Special Editions“, einer Festivalübersättigung und ähnliche „Probleme“ diskutiert wird. Denn diese Schwierigkeiten hätten die Bands in diesem Buch gerne!

Lohnende und interessante Sache – egal oder in gedruckter oder als digitale Version!

 

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