Der Theatersoundtrack „Antigone“ des französischen Komponisten Laurent Pernice wurde 2022 aufgenommen und erscheint nun als Album. Es handelt es sich um die Musik zu „Antigone“ in einer Inszenierung von Emma Gustafsson und Laurent Hatat, die gemeinsam unter dem Namen Anima Mortix arbeiten. Im Gegensatz zu vielen früheren Arbeiten des Komponisten, der seinen Wurzeln im Post Industrial mehr Raum gibt, ist die Musik zu “Antigone” eher klassisch und weltmusikalisch angelegt. So kommen neben diversen Streichinstrumenten wie Bratsche, Zither und Harfe zum Einsatz. Auch die Darstellerinnen und Darsteller des Stücks sind auf dem Soundtrack zu hören.
Das knapp 52 Minuten lange Werk beginnt mit einer melancholischen und getragenen elektronischen Einführung, welche von einer Violine versüßt wird. Daraus entsteht zunächst ein sehr klassisches, aber spartanisch arrangierter und getragener Teil, der trotzdem sehr schwebend und wohlig in Moll daherkommt. Nach einem etwas experimentelleren Teil taucht kurz die Violine wieder auf, um dann in einem psychedelisch schwebenden Part zu münden, in dem sehnsuchtsvolle Streicher erklingen, aber auch avantgardistische Klänge auftauchen. Eine bedrohliche Atmosphäre entwickelt sich und trägt den Hörer mit sich.
Nachdem diese Atmosphäre langsam im Raum verhallt, erklingt mit „Ismène à Thèbes“ das erste Stück mit wirklichen Songstrukturen. Ein langsamer Bass treibt die perlenden Gitarrenklänge vor sich hin, die im Raum verhallen. Über dieses schon wunderbare Melodiegebilde ergießt sich dann eine herzzerreißend traurige Violinenmelodie in perfekter Symbiose mit den anderen Instrumenten. Jeder Ton hallt durch den Raum, man kann die Musik atmen, einfach wunderschön.
Diese wunderschönen Klänge werden dann von harscheren, ja durchaus Industrial-beeinflussten Klängen von „La Lutte“ gebrochen. Doch auch hier steigt im zweiten Teil die Violine wieder mit dem Grundthema ein und passt sich so perfekt in den Flow des Albums ein. „Les Érignies 1“ hingegen ist dann ein kleines, ja kakophonisches aber nicht Ohrenfell zerreißendes Intermezzo, das dann in wieder elektronischere, schwebende Klänge einführt, die in Form von „La Punition des Dieux“ auftauchen.
Dieses Wechselbad der Stimmungen und Gefühle wirkt über das ganze Album. Es tauchen auch wieder mehr songorientierte Stücke auf, es gibt schwebende, experimentelle und einfach bittersüße Streicherklänge und so wird der Hörer immer wieder in andere Facetten des im Grundton melancholischen Werkes getragen.
Das Album überzeugt neben dem instrumentalen Können der Beteiligten und dem hervorragenden Arrangement durch seine erstklassige Klangqualität. Wie eben schon beschrieben, kann man die Klänge und Musik regelrecht atmen.
Ein wunderbares Album zwischen Klassik, Ambient, ein wenig Industrial und moderner Komposition zum Augenschließen und Träumen.
- Antigone et Ismène (prologue)
- Thème d’Antigone + Son reflet dans l’ombre
- “Laisse-moi avec ma folie”
- Avant la lutte
- La Colère de Créon
- Ismène à Thèbes
- La Lutte
- Les Érignies 1
- La Punition des Dieux
- Morts et Vivants
- “La Houle en Mer”
- Stasimon 1
- La Décision d’un homme
- À bord de l’Achéron + L’Arrivée du garde
- Tirésias
- Une fine poussière le recouvrait
- Les Érignies 2
- Là, point de douleur
- Le Char du soleil
- Antigone au tombeau
https://laurentpernice.bandcamp.com/
https://www.discogs.com/de/artist/2457-Laurent-Pernice