Kreator – Extreme Aggression [Remastered] (ADA/Warner, 09.06.2017)

Und weiter geht es mit den Re-Releases aus dem Hause Noise Records. Nach den Kanadiern Voivod kommt eine wahre Ruhrpott-Thrash-Legende zum Zug: Kreator! Karl-Ulrich Walterbach gab der damals noch sehr jungen Band (man war bei Vertragsunterzeichnung teilweise noch nicht mal volljährig!) die Chance sich ihre Meriten auf seinem Label zu verdienen. Und insgesamt war es wohl die Band neben Running Wild, die der Firma am längsten treu blieb.

Nach der Doppel-Best-Of-CD „Love Us Or Hate Us – Very Best Of The Noise Years“ erscheint jetzt der erste Schwung der alten Alben neu. Und zwar das Debüt „Endless Pain“ von 1985 sowie dessen drei Nachfolger „Pleasure To Kill“ (1986), „Terrible Certainty“ (1987) und „Extreme Aggression“ (1989). Erhältlich sind die Alben als Doppel- bzw. bei „Extreme Aggression“ sogar als Dreifach-Vinyl-Editionen oder als CDs mit runderneuerten Artworks (über die man streiten kann) als Digibook mit umfangreichen Linernotes von Frontmann Mille Petrozza. Insgesamt machen die Dinger einen recht schmucken Eindruck. Zusätzlich sind alle Alben mit Boni versehen. Fans allerdings aufgepasst: das meiste davon war bereits auf älteren Ausgaben enthalten, bzw. ist es bereits seit langem bekannt.

Mit ihren ersten drei Alben hatten sich Kreator bereits einen guten Ruf in der Szene erarbeitet. 1989 war der Zeitpunkt des Durchbruchs gekommen. Zwar war der Titel des Albums „Extreme Aggression“ reichlich plakativ. Aber das Coverartwork deutete bereits eine Veränderung an. Schluss mit den Monstern auf der Front. Spieltechnisch und jetzt auch endlich in Sachen Songwriting war man voll auf der Höhe mit der Konkurrenz im hart umkämpften Thrash-Metal-Segment. Und zwar nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch international! Zudem klang auch die Produktion richtig fett und mitreißend, so dass die Musik der Band so richtig zur Geltung kam.

Neun Songs stehen auf dem Album das sich keinen Ausreißer nach unten gönnt. Der Titeltrack (nach wie vor ein Livestandard) führt gleich mal ordentlich in die Platte ein. Purer, mitreißender Prügelstoff. Kompetent eingespielt, ohne dass es die nötige Brutalität vermissen lässt. Das folgende „No Reason To Exist“ geht nicht so schnell ab, klingt dafür aber schön trocken und eingängig und repräsentiert die Platte mindestens genauso gut. Es reiht sich ein knackiger Song an den nächsten. „Love Us Or Hate Us“, „Betrayer“, „Stream Of Consciousness“ oder das beunruhigend anschleichende „Some Pain Will Last“ – jeder Titel für sich ein knackiges Ding mit markanten Riffs und gesegnet mit einem gesunden Maß an Eingängigkeit.

Auf diesem Album scheint sich die Viererbesetzung von Kreator so richtig eingespielt zu haben. Hier ein paar zweistimmige Leadgitarren, da ein fast schon gehauchter Vocal-Part, dann wieder groovige Solo-Breakdowns, pure Raserei und kontrollierte Ausbrüche. Es geht was bei Kreator Ende der 80er. Nur Melodien, die hat die Band noch nicht wirklich für sich entdeckt. Dafür hat man sich endgültig gefunden und zeigt sich als souveräne Band mit einem klaren Ziel. Neben dem düsteren „Pleasure To Kill“ und seinem direkten Nachfolger „Coma Of Souls“ ist „Extreme Aggression“ DER Klassiker der Frühphase. Sollte man als ernsthafter Metalfan in seiner Sammlung haben.

Als Bonus hat man eine 70-minütige Live-CD dazu gepackt. Fans kennen diese allerdings schon lange. Sie enthält einen im März 1990 in Ost-Berlin (so hieß es damals offiziell noch) aufgezeichneten Auftritt. Damals spielten Kreator zusammen mit ihren Labelkollegen Sabbat, Coroner und Tankard in der sich in Auflösung befindenden DDR (das vor kurzem erschienene Buch „Systemstörung – Die Geschichte von Noise Records“ erzählt ein paar nette Anekdoten dazu). Die Fans dürsteten regelrecht nach harten Sounds. Dementsprechend euphorisch sind das Publikum und auch die Band an diesem Abend.

Das Ganze wurde als „Live In Berlin“ 1990 als VHS-Video und 2008 als „At The Pulse Of Kapitulation“ auf DVD veröffentlicht. Letzterer Version lag auch bereits diese Live-CD bei, so dass der Hardcore-Fan das Ding sicher schon zu Hause hat. Ist das nicht der Fall, lohnt sich das Ganze zweifelsohne. Denn die Aufnahmen leben nicht nur von der guten Stimmung, der Sound drückt auch ziemlich deftig aus den Boxen und die Setliste ist ein quasi „Best Of“ der frühen Jahre.

Empfehlenswert!

Trackliste:
1. Extreme Aggression
2. No Reason to Exist
3. Love Us or Hate Us
4. Stream of Consciousness
5. Some Pain Will Last
6. Betrayer
7. Don’t Trust
8. Bringer of Torture
9. Fatal Energy
10. Some Pain Will Last (Live in East Berlin 1990)
11. Extreme Aggression (Live in East Berlin 1990)
12. Under the Guillotine (Live in East Berlin 1990)
13. Toxic Trace (Live in East Berlin 1990)
14. Bringer of Torture (Live in East Berlin 1990)
15. Pleasure to Kill (Live in East Berlin 1990)
16. Flag of Hate (Live in East Berlin 1990)
17. Terrible Certainty (Live in East Berlin 1990)
18. Riot of Violence (Live in East Berlin 1990)
19. Love Us or Hate Us (Live in East Berlin 1990)
20. Behind the Mirror (Live in East Berlin 1990)
21. Betrayer (Live in East Berlin 1990)
22. Awakening of the Gods (Live in East Berlin 1990)
23. Tormentor (Live in East Berlin 1990)