Kreator – Coma Of Souls [Remastered] (ADA/Warner, 23.02.2018)

Und weiter geht’s in Sachen Wiederveröffentlichung des alten Noise-Katalogs. Im vergangenen Juni hatte man ja bereits die ersten vier Alben von Kreator in überarbeiteten Versionen wieder in die Welt hinaus geschickt. Jetzt folgen die nächsten vier. Im Einzelnen: „Coma Of Souls“ (1990), „Renewal“ (1992), „Cause For Conflict“ (1995) und „Outcast“ (1997). Findige Leser dürften sich fragen, warum die letzten beiden unter dem Banner „Noise lebt“ erscheinen, wanderten Kreator doch dafür zum Konkurrenzlabel GUN Records ab. Aber sei’s drum… Stilistisch und besetzungstechnisch waren die 90er jedenfalls – wie für viele andere „klassische“ Heavy- und Thrash-Metal-Bands auch – für Kreator eine turbulente Zeit.

Die Neuauflagen erscheinen wieder als Digibook-CDs mit Boni sowie als farbige Vinyl-Versionen. Wie bei der letzten Rutsche hat man auch dieses Mal die Frontcover überarbeitet bzw. angepasst, was vorher schon kontrovers aufgenommen wurde. Allerdings ist das Ergebnis jetzt nicht ganz so schlimm. Die CD-Versionen kommen wieder mit ausführlichen Liner Notes und machen durchaus was her. „Coma Of Souls“ und „Outcast“ hat man je eine komplette Bonusscheibe mit Liveaufnahmen spendiert, die anderen beiden Alben bekamen ein paar einzelne zusätzliche Songs. Der Sound ist nur sanft restauriert worden.

1989 hatten es Kreator der Konkurrenz – und nicht nur der einheimischen – mit „Extreme Aggression“ ordentlich gezeigt. So hatte Thrash Metal Ende der 80er zu klingen! Ein Jahr später stand man schon wieder auf der Matte und veröffentlichte sein fünftes Album „Coma Of Souls“, mit dem man seine Popularität weiter ausbauen konnte. Die Platte brachte erst mal eine Veränderung auf der Besetzungscouch mit sich. Gitarrist Tritze war draußen, dafür stand jetzt Frank Blackfire an der Sechssaitigen. Jener hatte erst im Vorjahr mit Sodom deren Meilensteinplatte „Agent Orange“ eingeholzt. Na, wenn das keine Konkurrenzsituation war…

Der Vorgänger war schon ein ordentliches Brett. Und „Coma Of Souls“ zog ziemlich locker gleich. Der neue Gitarrist machte sich dahingehend bemerkbar, dass man die Songs mit ein paar zweistimmigen Leadparts, sowie vor allem stimmungsvollen Intros versah. Ansonsten wird hier aber genauso viel zu Kleinholz verarbeitet, wie man es von Kreator bisher kannte. Von der Melodieseligkeit späterer Tage war man noch weit entfernt. Man bekommt puren, hämmernden Thrash Metal serviert. Bereits der Opener „When The Sun Burns Red“ lässt keinen Zweifel daran, dass die Band gewillt ist, ordentlich Alarm zu machen.

„Terror Zone“, „Agents Of Brutality“, „Twisted Urges“, der Titeltrack und „Hidden Dictator“ hauen allesamt in dieselbe Kerbe und gehen ordentlich nach vorne. Mal kurz und knackig, dann wieder angenehm verspielt und mit kleinen Details versehen, die aufhorchen lassen. Das zurückgenommen gespielte Solo letzterer Nummer könnte man im Thrash-Format schon fast als „bluesig“ bezeichnen. Man geht aber nicht immer nur in die Vollen. Immer wieder nähert man sich auch dem Midtempo an, was dafür sorgt, dass das Album eine Dynamik entwickelt. „World Beyond“ und „Mental Slavery“ sind solche Stücke.

Das Album wimmelt von guten Nummern. Doch zwei stechen irgendwie hervor. Da wäre zum einen das mit einem düsteren Refrain versehene „Material World Paranoia“ und zum anderen „People Of The Lie“, das man nach wie vor in den Setlisten von Kreator-Konzerten findet. Man kann hier guten Gewissens von einem Hit sprechen – Mitgrölrefrain inklusive. Die Band hat es auf „Coma Of Souls“ gut verstanden ihren ureigenen Sound zu verfeinern und auf ein internationales Niveau zu hieven, so dass der Platte zu Recht der Klassikerstatus verpasst wurde. In Sachen reine Thrash-Lehre hatten Kreater auch ihren Zenit erreicht. Die Lust zur Veränderung sollte die nächsten Jahre bestimmen.

„Coma Of Souls“ kommt mit einem fetten Bonus daher. Auf einer zweiten CD (oder zwei weiteren Vinyl-Scheiben) wird ein komplettes Livealbum mitgeliefert. Das zu hörende Konzert wurde am Nikolaustag 1990 im fränkischen Fürth aufgezeichnet. Fünfzehn Songs und ein Schlagzeugsolo gibt es zu hören. Die Setliste ist ein guter Querschnitt aus den frühen Bandjahren. Die Band spielte mit viel Schmackes auf und der Sound dröhnt angenehm aus den Boxen. Das ist definitiv kein Bootleg-Material, sondern hätte gut und gerne schon damals als offizielles Livealbum veröffentlicht werden können. Ein rasantes Songhighlight reiht sich an das nächste und dem Hörer wird keine Verschnaufpause gegönnt.

Am Ende: Viel mehr als eine bloße Dreingabe. Bei Milles Ansagen kann man zwar nur mal wieder den Kopf schütteln oder darüber schmunzeln. Aber der Rest ist eine Knüppelvorstellung galore!

 


Trackliste:

1. When The Sun Burns Red
2. Coma Of Souls
3. People Of The Lie
4. World Beyond
5. Terror Zone
6. Agents Of Brutality
7. Material World Paranoia
8. Twisted Urges
9. Hidden Dictator
10. Mental Slavery

Bonus-CD: Live In Fürth, Germany – 06/12/1990
1. When The Sun Burns Red
2. Betrayer
3. Terrible Certainty
4. Extreme Aggression
5. Coma Of Souls
6. People Of The Lie
7. Choir Of The Damned
8. The Pestilence
9. Toxic Trace
10. Drum Solo
11. Terror Zone
12. Pleasure To Kill
13. Flag Of Hate
14. Agents Of Brutality
15. Riot of Violence
16. Tormentor