Konzertbericht Turbostaat – E-Werk (Erlangen, 04.04.2025)

Die wärmenden Sonnenstrahlen des Tages zaubern ein derartiges Wohlgefühl auf die fahle Winterhaut, dass sich zum Einlass um 19 Uhr noch nicht viele in Richtung E-Werk in Erlangen verirrt haben. Eine Handvoll Leute versammelt sich vor der Bühne, ein Teil genießt das Wetter noch vor der Location. Man muss direkt aufpassen, dass man den Beginn der Vorband nicht verpasst.

In Erlangen wird Turbostaat von Schubsen begleitet. Wer die Band noch nicht kennt, könnte felsenfest davon überzeugt sein, dass es sich um Turbostaat-Brudis handelt, so gut passt der Sound der Band zum Headliner. Die müssen dann ganz sicher auch aus dem hohen Norden stammen. Doch das Gegenteil ist der Fall, der Post-Punk von Schubsen kommt aus der Region, aus Nürnberg und Fürth, um genau zu sein. Die Band hat zwar keinen guten Start erwischt, ist leicht angeschlagen, aber sie erspielt sich trotzdem ihr Publikum. Als dann auch noch die Snare kaputt geht und die für Vorbands ohnehin knapp bemessene Zeit überbrückt werden muss, nehmen sie das Angebot aus dem Publikum, stattdessen zu klatschen, dankend an. Nach 45 Minuten räumen sie die Bühne für Turbostaat.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Bevor die zu ihren Instrumenten greifen, erklären sie kurz, dass sie ihr neues Album „Alter Zorn“ in voller Länge auf die Bühne bringen. Erst die A-Seite, dann die B-Seite und zum Schluss ein paar Klassiker. Sänger Jan Windmeier erläutert, dass sich Bands viel zu wenig trauen würden, neues Material zu spielen. Das war’s dann aber auch schon an Worten und die ersten Töne von “Affenstraße” erklingen. Apropos Worte – davon gibt es an diesem Abend nicht allzu viel zu hören, eine Laberband waren Turbostaat ohnehin noch nie, sie halten es eher mit nordfriesischer Zurückhaltung. Die ersten Reihen sind auch beim neuen Album gewohnt textsicher, doch je weiter man nach hinten schaut, desto weniger Mitsingpotential ist vorhanden. Es dauert ein wenig, bis die Stimmung im E-Werk auf Betriebstemperatur kommt.

Mit „Isolationen“ ist der erste Teil des Abends schon vorbei, es folgt die B-Seite. Bei „Otto muss fallen!“ gibt es bereits deutlich mehr gereckte Fäuste und gebrüllte Strophen zu verzeichnen, und als die Band in den „Alte Kacke“-Part wechselt, wie Sänger Jan Windmeier es bezeichnet, ist das Publikum endgültig im Konzert angekommen. In Moshpits wird wild übereinander gepurzelt, die Leute werfen sich nach vorne und singen jedes Wort von „Harm Rochel“ oder „Schwan“ lauthals mit.

Haben es sich Turbostaat vielleicht etwas schwer gemacht, indem sie das neue Album ganz an den Anfang gestellt haben? Nun, auf jeden Fall sind sie mit so etwas wie einem pädagogischen Auftrag an die Hörerschaft unterwegs. Wer „es sich leicht“ machen erwartet, ist bei dieser Band von jeher falsch. Turbostaat war schon immer ein bisschen wie die Chipstüte: Am Anfang will man nur ein oder zwei, am Ende kann man gar nicht mehr aufhören. So entschwinden nach 90 Minuten viele glücklich strahlende Gesichter in die Nacht.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Fotocredit: Cornelia Straub / Strichpunkt