Kontrolle – Zwei (Holy Goat Records/Cargo Records, 18.06.2021)

Guter deutscher Punkrock kommt nicht zwangsläufig immer aus Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin!

Besonders das Rheinland ist von je her ein Ort, wo die Kreativität keine Grenzen kennt und wo Bands wie Die Toten Hosen, die Broilers, Massendefekt oder Rogers, sowie unzählige viele andere mehr (wie zum Beispiel auch EA80) ihre Wurzeln haben.

Und genau auf die letztgenannte Combo möchte ich hier direkt verweisen, wenn ich mir das neue Album der Düsseldorfer/Solinger Punks von Kontrolle anhöre – fühle ich mich doch direkt an die Zeiten zurück erinnert, als ich regelmäßig die Konzerte der düster-melancholischen Mönchengladbacher Ur-Punks rund um den Frontmann Junge besuchte, die in ihrer über 40jährigen gemeinsamen Karriere bisher 10 Studioalben eingespielt haben und heute immer noch aktiv die Klubs der Republik bespielen.

Nein, ich will nicht sagen das Kontrolle eine 1-zu-1 Kopie sind, aber stimmlich sehe ich hier so einige Parallelen… was mich persönlich durchaus freut und ich mir direkt auf den Zettel schreibe, doch bitte endlich mal wieder das Debüt-Album “Vorsicht Schreie” von EA80 aufzulegen. Das kann ich euch übrigens auch wärmstens empfehlen – aber darum geht es ja gar nicht… zurück zu “Zwei”, dem neuen Album von Kontrolle.

Wie nennt sich das Ganze eigentlich, was die Drei da musikalisch aus den Boxen pressen – ich würde mal sagen irgendwas wie “Industrial-Wave-Punk mit melancholisch-depressiver Grundstimmung” wäre wahrscheinlich eine Beschreibung, die hier nicht allzu fern von der Realität ist. Und was soll ich sagen, dass ist genau der Sound, den ich mir aktuell besonders gut gefallen lassen kann… fragt mich nicht warum, aber diese ganze “Gute-Laune-Sommer-Musik” könnt ihr mir eh von je her schenken!

Schon der finstere montone Bass-Sound beim Opener “Mein Platz bleibt leer“, der mit dem wabbernden Synthie eine Symbiose eingeht sagt mir nach nicht einmal einer Minute, dass ich dem Album einen Platz im Plattenregal frei machen sollte – irgendwo zwischen Joy Division und den Einstürzenden Neubauten sollte doch wohl noch eine kleine Lücke frei sein!

Bei “Zwei” (mit einer kurzen, aber dann nicht ganz aufgelösten Sequenz des Scherben-Klassikers “Der Traum ist aus“!) und bei “Bleiben sie ruhig” spielt mir mein Gehör dann einen fiesen Streich, höre ich doch in den geschrienen Gesangsparts (für mich) eindeutig die Stimmte von Jörkk Mechenbier (u.a. Love A, Schreng Schreng & La La, Trixsi) – aber wie gesagt, ich denke da habe ich mich einfach mal eben verhört… der Gute kann ja nicht überall seinen Senf dazu geben. Aber über das ganze Album hinweg erwische ich mich dann doch immer wieder bei diesen Gedanken – echt coole Stimme Daniel… Respekt!

Freitag we´re in love” bereitet uns auf das Wochenende vor – aber alles andere als im herkömmlichen Sinne. Denn man möchte nach der Nummer definitiv lieber ganz alleine mit einer Flasche Rotwein in der Hand und bis zum Hals in irgendeinem verwaisten See stehen, als sich mit Freunden mit einem Bierchen und einer Bratwurst am Grill vergnügen. Vom Sound her also durchaus schwere Kost, wie ich finde – dagegen ist der “Warentrenner” quasi ein fröhliches Partylied!

Mit Schwermut geht es weiter bzw. “Wir warten” einfach ab, bis uns die Dunkelheit komplett umhüllt und wir darüber dann vielleicht “Zugang zu Informationen…” bekommen, die uns ansonsten vielleicht für immer verschlossen geblieben wären – aber Leute, bleibt kritisch und lasst euch nicht einlullen… die Realität verfällt langssam immer mehr dem Wahnsinn.

In der “Badeanstalt” sollte es dann wieder ein wenig entspannter zugehen, aber aufgepasst vor den Warzen… ihr wisst schon: immer Assiletten an, dann sollte es klappen – und wenn das auch nicht hilft, dann sauft doch einfach mal die “Minibar” leer.

Ja ich weiß, “Ich drück mich aus” als wäre ich dem Wahnsinn nahe – aber ich denke, über diesen Zustand bin ich spätestens nach dem Hören dieses Albums garantiert schon lange hinaus.

Ich muss zugeben, dass ich lange schon nicht mehr so in die Tiefe gezogen wurde, ganz ohne doppelten Boden und Rettungsseil – aber wenn dann die letzten Töne von “Karg” erklingen, dann habe ich das innere Bedürfnis direkt noch eine “Zwei”te Runde lang die Kontrolle zu verlieren!

 

Titel:
1. Mein Platz bleibt leer
2. Zwei
3. Bleiben sie ruhig
4. Freitag we´re in love
5. Warentrenner
6. Wir warten
7. Zugang zu Informationen…
8. Badeanstalt
9. Minibar
10. Aluminium
11. Ich drück mich aus
12. Karg

FACEBOOKBANDCAMP

4.8