Nachdem ich das neue Kettcar Album einige Tage habe sacken lassen, komme ich eindeutig zu dem Entschluss, dass es sich hier definitiv um das beste und wichtigste Album der Bandgeschichte handelt!
Auch wenn es schon einige gesagt haben, für mich ist “Gute Laune ungerecht verteilt” das politischste und gesellschaftskritischste Album, welches Marcus Wiebusch seit …but Alive geschrieben hat – und das ist in dieser harten Zeit auch genau das, was man von den Hamburgern erwarten durfte.
Schon der Opener (und gleichzeitig auch mein Lieblingssong auf dem Album, was bei der Qualität aller Nummer schon schwer fällt zu entscheiden) “Auch für mich 6. Stunde” lässt mich mit offenem Mund stehen und trifft mich mit voller Wucht genau da, wo ich am verletzlichsten bin. Voller Traurigkeit sucht man nach Auswegen, der Abgestumpftheit zu entfliehen – aber irgendwie fehlt mir die Energie und die Hoffnung, das Ruder nochmal rum zu reißen, wofür ich mich schäme und ab sofort Besserung gelobe!
Gemeinsam mit Chris Hell von FJØRT geht es dann nach “München“, wo man über den Alltagsrassissmus sinniert – 2024 sollte es eigentlich vollkommen egal sein, wo man her kommt… wir haben doch wohl wahrlich andere Probleme. Aber genau hier scheint es für immer mehr unreflektierte und abgestumpfte Bürger ein Ventil zu geben, wo sie von ihren eigenen Unzulänglichkeiten ablenken können/möchten.
Gemeinsam ist man weniger alleine und wenn man nur genügend Gutmenschen findet, die noch daran glauben, dass es mehr als Hass und Verachtung gibt – ja genau dann schaffen wir es! Ob sie nun “Doug & Florence” heißen mögen, ganz egal – denn die Hoffnmung stirbt zuletzt.
“Und dann gib mir nur kurz ein Zeichen
Dass wir beide mehr drauf haben
Als Streit, Zerfleischung, Schuldzuweisung
Die Idee steht lichterloh in Flammen”
(“Doug & Florence”)
Und wenn es einem dann alles doch zu viel wird, dann sollte man vielleicht einfach Mal Entspannung auf “Rügen” suchen – ob es dadurch besser wir, keine Ahnung. Aber immer noch angenehmer, als wenn man den Kopf in den Sand steckt und sich Gedanken über “Kanye in Bayreuth” machen zu müssen. Wer will das denn bitte alles noch hören… da kümmern wir uns dann doch lieber um unsere eigenen Probleme.
Welche Erwartungen man eigentlich hatte, als man zum ersten Mal die Enterprise betrat… glaubt man Kettcar, dann garantiert die falschen. Aber alles nicht so schlimm, “weil man immer wieder zurück kommt“! Für solche Texte und Metaphern möchte ich Marcus und Reimer einfach nur umarmen – kaum eine andere Band weiß es so gut, genau den Punkt zu treffen bzw. einen anzutriggern und nachdenklich zurück zu lassen.
Einerseits wird einem das Ende schonungslos und ohne Kompromisse angekündigt, denn “Einkaufen im Krieg” ist eine Sache für sich und sollte gut überdacht werden – auf der anderen Seite schaffen es die Hamburger immer wieder auf humorvolle Art und Weise, dass man zumindest lachend in Richtung Untergang geht… ob mit Toast Hawaii, oder einer Palette Dosensuppen.
Eigentlich würde man doch am liebsten “Bringt mich zu eurem Anführer” rufen und dem dann gehörig die Leviten lesen, oder?! Vielleicht sollte man aber doch besser einfach alle Anführer, die zündeln und uns alle in den Abgrund treiben dazu zwingen, sich “Zurück” zu besinnen oder mit sich selbst ins Gespräch zu kommen – und das am besten mit dem eigenen ich… das von damals, als man noch Ideale hatte und noch nicht so vom Leben gezeichnet war. Als Anleitung würde „Ein Brief meines 20-jährigen Ichs (Jedes Ideal ist ein Richter)“ ganz gut passen.
Ich merke, dass mich “Gute Laune ungerecht verteilt” auf der eine Seite sehr begeistert und motiviert, auf der anderen Seite aber auch sehr aufgewühlt zurück lässt – ich verneige mich ehrfürchtig vor den Herren von Kettcar und hoffe, dass es noch viele solche Alben von den Fünf geben wird!
Das würde nämlich bedeuten, dass wir doch irgendwie überleben werden… klingt doch gar nicht so Scheiße, oder?! Ob wir es verdient haben, dass steht auf einem anderen Blatt geschrieben!
Titel:
1. Auch für mich 6. Stunde
2. München
3. Doug & Florence
4. Rügen
5. Kanye in Bayreuth
6. Blaue Lagune, 21:45 Uhr
7. Wir betraten die Enterprise mit falschen Erwartungen
8. Einkaufen in Zeiten des Krieges
9. Was wir sehen wollten
10. Bringt mich zu eurem Anführer
11. Zurück
12. Ein Brief meines 20-jährigen Ichs (Jedes Ideal ist ein Richter)
Fotocredit: Andreas Hornoff
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25.04. Bielefeld, Lokschuppen
26.04. Dresden, Alter Schlachthof
27.04. Hamburg, Sporthalle
25.07. AT – Wien, Arena (Zusatzkonzert)
22.06. Duisburg, Traumzeitfestival
13.07. Georgsmarienhütte, Waldbühne Kloster Oesede
18.07. Marburg, Marburger Sommernächte
26.07. Augsburg, Sommer am Kiez
27.07. Karlsruhe, Zeltival
28.07. CH – Thun, Am Schluss Festival
29.07. AT – Graz, Kasematten
31.07. Freiburg, ZMF
01.08. Friedrichshafen, Kulturufer
02.08. Würzburg, Hafensommer
03.08. Reutlingen, HafenSounds Festival
04.08. Mainz, KUZ
10.08. Braunschweig, Applaus Garten
11.08. Lüneburg, Kultursommer
12.08. Bayreuth, Seebühne
14.08. Jena, Kulturarena
15.08. Bad Zwischenahn, Park der Gärten
16.08. Würselen, Burg Wilhelmstein
17.08. Taarstedt, Angeliter Open Air
01.09. Schwerin, Schloss