Hungry Ghosts – Segaki (Nakama Records, 29.11.2024)

“Segaki” ist das zweite Album des Trios Hungry Ghosts. Unter diesem Signet haben sich die in erster Linie im Experimental-Jazz/Contemporary-Jazz-Umfeld aktiven Musiker Paal Nilssen Love, Christian Maas-Svendsen und Young Yandsen zusammen getan, was zu einer Besetzung aus Bass, Saxophon, Shakuhachi, Stimme und dem markanten Schlagzeug Nilssen-Loves führt.

Für „Segaki“ haben sie vier Stücke aufgenommen. Die Eröffnung „In search of filth like vomit and feces to eat” bringt es dabei auf knapp 16 Minuten und eröffnet mit einem wilden kontemporären Saxophon. Die 16 Minuten werden dann mit einem Auf und Ab der Stimmungen gefüllt. Auf kakophonische Einlagen folgen Stille und ruhige Momente, in denen nur ein wenig Perkussion zu hören ist. Nach diesen Passagen brandet dann immer wieder das aggressive Saxophon auf, mal solistisch, mal vom Schlagzeug, Bass oder Stimme flankiert, zum Höhepunkt dann von allen Komponenten zusammen.

Das folgende „Small bits of pus and blood” bringt es dann auf knapp fünf Minuten. Hier geben alle Instrumente Gas – was für ein (für das nicht geübte Ohr) mittleren Chaos an Klängen und Tönen sorgt. Hat man sich erst einmal ein wenig hineingefunden, erkennt man in dem Durcheinander aber doch gewisse Strukturen. Und die Kürze des Stücks sorgt auch dafür, dass die Ohren nicht überfordert werden.

Das dritte Stück „Mountain valley bowels full of grime” knackt dann fast die 22 Minuten und schließt in Aufbau und Form wieder am ersten Track an. Auch hier wechseln sich wilde und ruhige Parts ab, kakophonische Teile brechen ruckartig ab und münden dann in ruhigen, atmosphärischen Parts.

Das Debüt von 2019 bewertete ich mit der folgenden Aussage:

„Das Noise-Genre ist nicht das einfachste, da es wirklich an die Grenzen geht. Ich möchte auch die spielerischen Fähigkeiten der Beteiligten nicht kritisieren. Die Frage, die ich mir immer stelle ist: Wer kann das länger als 10 bis 15 Minuten durchgängig hören? Und deshalb stelle ich mir auch die Frage, ob dieser hohe Output von Nielssen-Love wirklich zielführend ist, denn mitunter erkenne ich nur sehr marginale Unterschiede in den verschiedenen Projekten. Hungry Ghosts gehören da für mich nun tatsächlich zum Durchschnittlichen.“

Im Großen und Ganzen könnte ich das bis auf den Schlusssatz auch heute wieder so schreiben. Denn dieses Album wartet neben aller Improvisation doch auch mit einem kompositorischen Faden auf. Die beiden langen Stücke bieten mit Ihrem Wechselspiel von aufbrausenden und wilden sowie den sehr ruhigen Phasen durchaus einen Spannungsbogen, der sehr reizvoll ist. Was jedoch nichts daran ändert, dass man diese Musik nur in ganz wenigen, besonderen Momenten hören kann. Denn widmet man sich ihr nicht zu 100 %, bleibt es Geräusch.

 

  1. In search of filth like vomit and feces to eat
  2. Small bits of pus and blood
  3. Mountain valley bowels full of grime
  4. A great decomposing odor

https://nakamalabel.bandcamp.com/album/segaki
https://www.discogs.com/de/artist/15533403-Hungry-Ghosts-5

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