Helloween / Designers: Helloween & Uwe Karczewski in 1985
Helloween / Designers: Helloween & Uwe Karczewski in 1985

Helloween – Walls Of Jericho (Noise Records, 1985)

Die 80er Jahre waren in Deutschland die Geburtsstunde vieler, auch heute noch aktiver, Metal-Bands, so auch von Helloween. 1984 gegründet, wurden schon im selben Jahr zwei Songs, erschienen auf einem Sampler, mit so guten Kritiken gewürdigt, dass Noise Records sich entschied die junge Band unter Vertrag zu nehmen. Die erste Veröffentlichung, eine Mini-LP mit fünf Songs, im Jahre 1985 wurde noch im selben Jahr mit einem Album komplettiert. Auf der späteren CD-Veröffentlichung wurden die Mini-LP sowie die Songs der Schallplatte zusammengeschmissen und teilweise mit ein paar Bonustracks garniert. Nun aber genug von der trockenen Geschichte, kümmern wir uns um die Musik.

Dass die Musik von Helloween damals eingeschlagen hat wie eine Bombe, mag heute eventuell merkwürdig wirken, aber damals war die Musik, die Helloween dem geneigten Hörer darbot, ein absolute Novum. Eine Wahnsinns-Geschwindigkeit (jawohl, Lord Helmchen! – Anm.d.Red.), Vocals in einer Höhe die ihresgleichen suchen und Gitarrenriffs von einer anderen Welt – und das dann auch noch aus der Weltstadt Hamburch!

Eingeleitet wird das Inferno von einem Einspieler, in dem man hört, wie die Trompeten von Jericho die große Mauer einreißen. Ob das wohl schon eine Anspielung auf den in vier Jahren stattfindenden Mauerfall sein soll? Eins ist sicher, den Hasselhoff hätten sie mit ihrem Sound locker von der Mauer gefegt.

Der erste „richtige“ Song der Scheibe ist “Ride The Sky”. Beginnend mit einem knackigen Zusammenspiel von Rhythmusgitarre und Drums erinnert der Anfang schon etwas an Metallica, geht allerdings später um einiges fixer voran. Der Gesang von Kai Hansen beweist vor allem, dass eine Stimme mit Wiedererkennungswert ein astreines Alleinstellungsmerkmal ist. Ich denke, ich bin nicht der Einzige der sich fragt, wie Helloween heute klingen würden, wenn Hansen noch am Mikrofon wäre (wahrscheindlich wie Gamma Ray?! – Anm.d.Red.).

“Reptile” ist für Helloween-Verhältnisse eine eher groovige, ruhige Nummer. Sehr auffällig ist der dominante Bass, der im Vers munter durch alle Lagen wandert.

Auch im darauf folgenden Song “Guardian” ist der Bass sehr weit im Vordergrund. Interessant ist vor allem, dass der Basslauf häufig die Gesanglinie kreuzt. Häufige Rhythmuswechsel des Schlagzeugs lockern den Aufbau des Songs angenehm auf.

“Phantoms Of Death” ist schon ein wenig verspielter und wartet mit dezent eingesetzten Synthesizer-Parts auf. Ein Refrain der live einen großzügigen Publikumseinsatz verspricht, rundet die Nummer ab.

Was den Refrain angeht, steht “Metal Invaders” dem allerdings in nichts nach. Schnelle Verse mit einer, durch den Falsettgesang auffällig anderen Bridge, steigern sich wieder in einen Mitmachrefrain vom feinsten.

“Gorgar” ist eher ein Lückenfüller, allerdings mit einem kleinen Aha-Effekt gegen Ende. Wer’s wissen will, muss es sich anhören.

Mit “Heavy Metal (Is The Law)” haben Helloween die Metal-Hymne schlechthin erschaffen. Dazu brauche ich wohl nichts weitern zu sagen.

“How Many Tears” ist die letzte Nummer auf der regulären Vinyl-LP. Mit über sieben Minuten Laufzeit ist sie auch der längste Song des Albums. Im Prinzip ist dieses Lied wie ein letztes Showlaufen vor dem Abschied, die Mainstreet-Parade in Disneyland und das Medley am Ende eines Musicals zusammen. Gekonnt zeigen Helloween noch einmal alle Facetten ihres Könnens und es fällt schwer die Nadel des Plattenspielers nicht wieder zur ersten Rille zurück zu bewegen um das Ding wieder von Vorne zu hören.

Zum Abschluss ist eigentlich nur eines zu sagen: Wenn ihr euch für die Geschichte des Metals interessiert, gebt euch diese Scheibe. Wenn ihr die Möglichkeit habt sie abzuspielen, geht in einen der mittlerweile so rar gewordenen Plattenläden und holt euch diese Scheibe auf Vinyl!

 

helloween_wallsofjericho

Tracklist:

  1. Walls Of Jericho
  2. Ride The Sky
  3. Reptile
  4. Guardians
  5. Phantoms Of Death
  6. Metal Invaders
  7. Gorgar
  8. Heavy Metal (Is The Law)
  9. How Many Tears