Heir Apparent – The View From Below (No Remorse Records, 15.10.2018)

Heiß erwartet wurde das Comebackalbum der US-Metaller Heir Apparent nach knapp 30 Jahren. Nach dem bärenstarken Auftritt mit Neu-Sänger Will Shaw beim Keep It True vor zwei Jahren auch kein Wunder. Mit welcher Inbrunst er die Songs der ersten beiden Alben interpretierte, war schon sehr famos. Anscheinend gab das Gitarrist Terry Gorle und seiner originalen Rhythmusgruppe Derek Peace (Bass) und Ray Schwartz (Schlagzeug) sowie dem Keyboarder Op Sakiya auftrieb, es noch einmal wissen zu wollen.

Was soll man nun von der dritten Platte einer Band erwarten, deren ersten Werke komplett unterschiedlich klangen? Auf jeden Fall eine niveauvolle Art von Heavy Metal, irgendwie in der Nähe alter Queensryche und ihrer Epigonen Lethal und Crimson Glory? Ja, das dürfe es wohl sein. Und mit etwas Wohlwollen kann man das Album in diese Schublade auch stecken, wenn man möchte.

Man muss aber sagen, dass „The View From Below“ ein eher getragenes, nicht forsch vorantreibendes Album ist. Mehr melancholisch und düster. Mit Ausnahme des unfertig wirkenden Alibi-Uptemo-Tracks „Savior“ bewegen sich Heir Apparant eher in niedrigen Geschwindigkeitszonen. Das sorgt für einen leichten Gleichklang. Aber trotzdem besitzt jeder Song für sich Klasse. Das macht bereits der anfangs verhalten wirkende Opener klar. Flächiges Riffing, stimmungsvolle Grooves, ein aufwühlender Gesang. Wenn auch anders als früher, fühlt man sich doch recht schnell zu Hause. Die Höhepunkte der Platte folgen aber noch. Zum Beispiel das harmonisch taumelnde „The Door“, das klare, stark aufdrehende „Synthetic Lies“ und vor allem das bereits vorher veröffentlichte, äußerst stimmungsvolle „Insomnia“. Hier heißt es wohl: das Beste kommt zum Schluss.

Gitarrist Gorle setzt immer wieder kleine Glanzpunkte, während seine Band eher unauffällig agiert. Dafür stellt man ganz und gar Sänger Will Shaw in den Mittelpunkt. Und das zu Recht. Denn sein emotionaler, auch technisch verdammt starker Vortrag ist es, welcher den Songs immer wieder den Pep gibt. Selbst die ansonsten recht zurückhaltende Ballade „Further And Farther“ wird so zum tollen Klangkino.

Das Comeback-Album ist durchgehend gelungen. Man sollte sich aber von der Vorstellung frei machen, ein zweites „Graceful Inheritance“ vorgelegt zu kommen. Der Ton ist heute nämlich ein ganz anderer. Auch sollte man keine sofort ins Gesicht springende Ohrwürmer erwarten, sondern ein Metal-Album mit leicht proggigem Flair, welches erst noch wachsen muss.

 

Trackliste:
1. Man in the Sky
2. The Door
3. Here We Aren’t
4. Synthetic Lies
5. Savior
6. Further and Farther
7. The Road to Palestine
8. Insomnia

 

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