Grave Digger – Witch Hunter [2018 Remasterd] (Noise/BMG, 25.05.2018)

Grave Digger sind seit vielen Jahren eine der beständigsten Heavy-Metal-Bands Deutschlands. Die Geschichte der Truppe um Sänger Chris Boltendahl reicht zurück bis ins Jahr 1980. Damit gehört man durchaus zu den Pionieren der einheimischen Szene und es war kein Wunder, dass man in die Fänge des damals noch jungen, aufstrebenden Labels Noise Records geriet. Im Rahmen der Wiederveröffentlichungs-Serie der aktuellen Rechteinhaber war es nur eine Frage der Zeit, bis man sich auch das Oeuvre dieser Band vornimmt.

Und so griff man sich ganz aktuell die ersten beiden Platten von Grave Digger und bringt sie runderneuert neu heraus: „Heavy Metal Breakdown“ von 1984 und das ein Jahr später veröffentlichte „Witch Hunter“. Wie üblich als CD-Digipacks und auf farbigem Vinyl. Aufgepeppt mit ein paar Bonustracks, natürlich. Uns lagen wieder die CD-Versionen vor. Die Verpackung ist mittlerweile etwas einfacher geworden und es liegt ein Booklet mit ein paar Linernotes sowie den Texten bei. Letzteres scheint hier endlich Usus geworden zu sein. Das passt also schon so.

Mitte der Achtziger waren schnelle Zeiten, in denen Bands von Album zu Album gehetzt wurden. Grave Digger verschwanden für „Witch Hunter“ bereits wieder im Studio, bevor das Debüt überhaupt erst erschien. Heraus kam Langspielplatte Nr. 2 allerdings erst Mitte 1985. Personell hatte sich zwischenzeitlich etwas getan. Bassist Willi Lackmann verließ die Band, für ihn kam René Teichgräber hinzu. Zu den Aufnahmen trug er allerdings nicht viel bei. Der Bass wurde größtenteils von Masson und Boltendahl eingespielt. Hinterm Mischpult saß Toningenieur Harris Johns, in dessen Studio in Berlin das Ganze aufgenommen wurde.

Heute steht „Witch Hunter“ nicht mehr ganz so hoch im Kurs wie das wilde Debüt. Klar, so große, überstrahlende Hits hat die Platte nicht mit an Bord. Aber sie ist das konsistentere Album, das als Ganzes etwas besser reinläuft. Die beim ersten Anlauf gemachten Erfahrungen zahlten sich aus und der Sound klang etwas runder. Glücklicherweise ließ sich Johns von Sänger Chris nicht überzeugen, das Ding á la Bon Jovi klingen zu lassen. Das Ziel wurde erst später verfolgt und hier hat man es mit einem reinrassigen Metal-Album zu tun, das auch heute noch recht ansprechend klingt.

Der Start mit dem Titeltrack ist schon ordentlich. Vor allem die Kombination aus der wilden Gitarre und dem einfachen Mitgröl-Refrain funktioniert bestens. Das zuerst etwas verhalten aufschaukelnde „Night Drifter“ schlägt als launiger Simpel-Hymnen-Song in dieselbe Kerbe. „Get Ready For Power“ wirkt dagegen um einiges rockiger mit seinem betonten Hardrock-Refrain. „Love Is A Game“ treibt das noch weiter und gibt einen Vorgeschmack auf das spätere Ende unter dem Namen Digger. Etwas Stirnrunzeln verursacht das reichlich chaotische „Fight For Freedom“, bei dem der sonst mit seinem kernigen, kraftvollen Gesang voll überzeugende Chris sich als theatralischer Vokalist versucht. Zufriedenstellender sind da auf jeden Fall „Get Away“ im „Heavy Metal Breakdown“-Format, die Abschluss-Nummer „Here I Stand“ und auch das Alice-Cooper-Cover „School’s Out“. Grave Digger haben es tatsächlich geschafft der überstrapazierten Nummer ein eigenes Flair einzuimpfen.

„Witch Hunter“ kann man heute noch gut hören, aber ein echter Klassiker der teutonischen Metalgeschichte ist die Platte nicht wirklich. Eher ein nettes Zeitzeugnis.

Drei Bonustracks haben es auf diese Edition geschafft. Zum einen das von den Aufnahmesessions übrig gebliebene „Don’t Kill The Children“. Der Titel hätte sehr gut auf das Album gepasst. Ein eingängiger, schmissiger Mitsing-Song. Eigentlich nicht zu verstehen, dass er erst mit dem 1994er Sampler „The Best Of The Eigthies“ das Licht der Welt erblickte. „Tears Of Blood“ und „Shine On“ wurden 1985 auf der Compilation „Metal Attack Vol. 1“ veröffentlicht. Beides in Ordnung. Aber es gibt spannendere Sachen im Programm von Grave Digger.

 

Trackliste:
1. Witch Hunter
2. Night Drifter
3. Get Ready For Power
4. Love Is A Game
5. Get Away
6. Fight For Freedom
7. School’s Out
8. Friends Of Mine
9. Here I Stand
10. Don’t Kill The Children
11. Tears Of Blood
12. Shine On